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als bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts, ward eine
Deputation nach Schweden gesandt, um nach älteren Ur-
kunden zu forschen.
Nachdem auch diese Nachforschung unbefriedigend aus-
gefallen, hielt der Kronprinz-Ordensmeister bei Anlaß der
hundertjährigen Jubelfeier der Großen Landesloge am
24. Juni 1870 eine denkwürdige Rede, betonte darin nach-
drücklich die Einheit der gesamten Freimaurerei bei aller
Verschiedenheit der Systeme, sprach offen vor der Ver-
sammlung über den Mangel an gesicherter Überlieferung,
und forderte vollen wissenschaftlichen Ernst für die historischen
Untersuchungen und unbedingte Anerkennung der Wahrheit.
Er sagte weiter u. a. wörtlich: „Gebe ein jeder die Eitel-
keit auf, die da glaubt, allein die ganze und die echte
Wahrheit zu besitzen, und allein für die Wahrheit die richtige
Form anzuwenden!“ . .. In Betreff der freimaurerischen
Geschichte heißt es dann weiter: „Während frühere Zeiten
sich bei der Autorität der Überlieferung beruhigten, sind
in unseren Tagen die Forschungen der historischen Kritik zu
einer Macht geworden, der auch die heiligsten Überlieferungen
sich nicht mehr entziehen können. Diese Macht stellt auch
an unseren Orden Forderungen, die sich auf die Länge hin
ungestraft nicht abweisen lassen.“ Aus ganz Deutschland
nicht nur, aus England und selbst aus Amerika kamen
Zeugnisse dafür, mit welcher Freude diese Rede aufgenommen
und begrüßt war. Am 7. März 1874 legte der Kronprinz,
dessen Anschauungen nicht nach Wunsch durchdrangen, sein
Amt als Ordensmeister der Großen Landesloge nieder und
behielt als freimaurerisches Amt nur die Stellvertretung
des Protektors der preußischen Freimaurerei. Daß auch in
dieser Stellung der Kronprinz seine Ansichten über die
Freimaurerei und seine Gesinnung nicht geändert, hat er
wiederholt durch Ansprachen an freimaurerische Deputationen
bezeugt. Am 5. Nov. 1878 waren es 25 Jahre, daß der