Full text: Die Gebrechen und Sünden der Sittenpolizei aller Zeiten, vorzüglich der Gegenwart.

Merkwürdig ist die Abnahme der Bordelle, wie in Frank— 
reich, so auch in Belgien seit neuester Zeit, wie folgende 
Zahlen zeigen: 
Brüssel: 1856 42, 1891 7. 
Antwerpen: 1885 29, 1888 15, 
Lüttich: 1881 33, 1887 24, 
Mons: 1881 9, 1888 3,. 
Charleroi: 1872 10, 1888 5, 
Gent: 1872 25, 1888 9. 
In Herstall wurden 1883, in Chenée 1884, in Grivegnée 
1888 die Bordelle verboten oder geschlossen. 
Im Punkte der Sittenpolizei ist bisher in Belgien noch 
keine Verbesserung, obschon Entwürfe zu einer solchen den 
Kammern vorlagen, zustande gekommen.) 
Zu Figueras in Spanien, aus welchem Lande wir 
sonst nichts mitzuteilen haben, wurden 1892 die Bordelle 
geschlossen. 
3. Italien. 
Italien hat seit seiner politischen Einigung (1860) im 
Gebiete der Sittenpolizei nichts eiligeres zu thun gehabt, als 
die scheußlichen Einrichtungen Frankreichs und Belgiens nach- 
zuahmen, ja sie wo möglich noch zu überbieten. In Genua 
z. B. gelang es einem Menschenfreunde, eine reuige Prostituirte 
aus ihrem Kerker zu befreien, indem er dem Besitzer des 
letztern für ihre „Schuld“ bürgte. In ein Kloster zurück- 
gezogen, erhielt die Unglückliche nach einigen Jahren den 
Besuch eines Beamten der Quästur (Provinzialpolizei), welcher 
ihr mitteilte, daß ihr Retter 100 Fr. (von 500) schuldig 
geblieben sei und daß sie entweder diesen Rest bezahlen oder 
an den Ort der Schande zurückkehren müsse; da sie ersteres 
  
*) Näheres siehe in der Einleitung zu dem Roman „Clarissa, Aus 
dunklen Häusern Belgiens“ (Berlin 1892, 2. Aufl.), S. XXVI ff.
	        
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