— 106 —
aber bestanden die alten fort, und seit 1828 wurden wieder
heftige Klagen ob des mit denselben verbundenen Ärgernisses
laut, welche endlich durch wiederholte Bitten und Eingaben
nach und nach bewirkten, daß die Bordelle sich mit geringen
Ausnahmen auf die „Königsmauer“ beschränkten, wo nun
eine Kupplerstadt im Kleinen bestand, in welcher natürlich
kein ehrbarer Mensch mehr wohnte. Das polizeilich für den
Beruf einer Dirne vorgeschriebene vierundzwanzigste Alters—
jahr umging man durch Fälschung von Taufscheinen. Die
dem fraglichen Institute bewiesene Verachtung erhellt aber
schon daraus, daß in dem polizeilichen Vertrage zwischen
einer Kupplerin und einer ihrer Untergebenen Letztere geradezu
Hure und ihr Gewerbe Hurerei genannt wurde. Häufig
genug waren die Bordelle auch die Schlupfwinkel von Dieben
und Diebshehlern. Seit dem Jahre 1842 begannen sich
die Nachbaren der „Königsmauer“ gegen das dortige schänd—
liche Leben und Treiben zu beschweren, namentlich da sich
dasselbe in besonders verletzender Weise auch bei Trauungen
und Taufen aus dem Kreise der Bordellbewohner geltend
machte, indem dabei der Pöbel seinem Hohne freien Lauf
ließ. Die Regierung wußte diesen Klagen gegenüber keinen
andern Ausweg, als die völlige Aufhebung der Bordelle,
welche denn auch das Ministerium des Innern 1843 inso-
fern anbahnte, als es auf dreimalige Verletzung des Bordell-
reglements unnachsichtliche Entziehung der Konzession folgen
zu lassen erklärte. Die Erwartung, daß dies ein Todesstoß
für jene Anstalten sein würde, wurde jedoch nicht erfüllt,
und im Jahre 1844 war noch Veranlassung zu einem solchen
Unwillen gegen die Bordelle, daß eine Kabinetsordre dieselben
mit Ende des Jahres 1845 zu schließen befahl. Doch, dieser
Maßregel folgte noch bitterere Enttäuschung als jener; die
Prostitution breitete sich nun im Geheimen, aber unaufhalt-
sam, über alle Straßen aus, und mit ihr der fürchterliche
Schatten, der ihr überall folgt, die Syphilis. — Diese