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Thüre so eingerichtet, daß sie von innen nicht anders geöffnet
werden kann, als durch einen Schlüssel, den der Besitzer
des Hauses oder die „Gouvernante“ verwahrt, während von
außen Jedermann bequem eintreten kann. Sowohl die
Mädchen, als Kunden, welche nicht bezahlen, sind daher
thatsächlich eingesperrt.
Die Kleider, welche die Mädchen mitbringen, werden
ihnen weggenommen, und sie erhalten dafür nur solche,
in welchen sie wegen Mangelhaftigkeit der Bedeckung oder
auffallender Form nicht ausgehen können, welche aber geeignet
sind, auf die Besucher einen gewissen Reiz auszuüben. Es
wird weiter dafür gesorgt, daß die Mädchen stets in der
Schuld ihrer Kerkermeister stehen, die in dieser Beziehung
höchst erfinderisch sind; die geliehenen Kleidungsstücke sowohl,
als Toilette-Gegenstände, außerordentliche Speisen, Getränke
u. s. w. werden ihnen zu ungeheuern Preisen angerechnet,
so daß ihr „Verdienst“ ihre Schuld niemals deckt. Wie
durch diesen Umstand, werden sie auch durch die beständige
Furcht vor Entdeckung der mit dem Geburtscheine vorge—
nommenen Fälschung an das Haus gefesselt, und es wird
ihnen für den Fall der Flucht mit dem Gefängnis gedroht.
Mädchen, deren Flucht oder Befreiung gelang, sind that—
sächlich wegen Fälschung in contumaciam verurteilt worden.
Wir sollten uns wundern, wenn nicht ganz Deutsch-
land, das in neuester Zeit an Macht und Ansehen in der
Welt so hoch gestiegen ist, vor edler Entrüstung sich auf-
bäumt über folgende bisher nur zu wenig bekannte Mitteilung,
welche Wilhelm Joest, von einer Reise aus Japan über
Sibirien zurückgekehrt, veröffentlicht hat. Danach existiert
ein über fast die ganze Erde ausgebreiteter Welthandel mit
deutschen Mädchen, der an Scheußlichkeit den ehemaligen
Handel mit Negersklaven und den noch fortdauernden mit
indischen und chinesischen Kulis weit hinter sich läßt. Aus
Deutschland wie aus Deutsch-Osterreich werden Mädchen,