Full text: Die Gebrechen und Sünden der Sittenpolizei aller Zeiten, vorzüglich der Gegenwart.

— 147 — 
Nicht nur durch belgische Unterhändler, deren Verurteilung 
in Brüssel 1880 und 1881 so großes Aufsehen erregte,) 
wurden englische Mädchen um ihr Lebensglück gebracht, sondern 
auch durch Landsleute. Die Hurenwirtin Mary Jefferies, 
welche zehn bis zwölf Bordelle in Churchstreet, Chelsea besaß, 
„exportierte“ um 1885 englische Mädchen nach Paris, Brüssel 
und Berlin. Sie fuhr in Equipage, hatte hohe Protektion, 
bezog von einem hochstehenden Herrn in Belgien für die 
Ware, die sie ihm lieferte, monatlich 800 Pfd. Sterl. und 
bezahlte viele Polizeibeamte, von denen Einer, der das 
Schandgeld nicht annahm, durch seine Vorgesetzten verhöhnt 
und zum Rücktritte gezwungen wurde. Endlich durch das 
Comité des Sittlichkeitsbundes vor Gericht gebracht (2. April 
1885), wurde sie von diesem sehr höflich behandelt und ihr 
keine Kaution abverlangt! Sie wurde vor die Geschworenen 
von Middlesex verwiesen, vor denen aus Rücksicht für sie 
gegen englische Sitte das Publikum ferngehalten wurde, 
während der Richter Edlin den Anwalt der Kläger zu ihren 
Gunsten gewann und die Zeugenverhöre unterließ, ihr Anwalt 
aber, Montagu Williams, sie als ein Opfer der Bosheit dar- 
stellte. Sie wurde nur zu 200 Pfd. Sterl. Buße verurteilt, mußte 
zwei (1) ihrer Häuser schließen und 600 Pfd. Sterl. Kaution für 
künftiges Wohlverhalten erlegen. Die Entrüstung in England 
über dieses milde Urteil war allgemein. Zahllose Meetings 
wurden abgehalten, um denselben Ausdruck zu verleihen, und 
dies um so eher, als eben damals die Enthüllungen der 
Londoner Pall Mall Gazette gerechtes Aufsehen erregten. 
Diese Enthüllungen wurden im Juli 1884 vom Direktor 
des genannten Blattes, Mr. Stead bekannt gemacht, auf 
welchen Dves Gugot und der in der Angelegenheit des 
  
*) Man lese darüber den Roman „Clarissa. Aus dunkeln Häusern 
Belgiens.“ 2. Aufl. Berlin 1892. Eine notwendige Ergänzung 
des vorliegenden Buches! 
107
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.