Full text: Die Gebrechen und Sünden der Sittenpolizei aller Zeiten, vorzüglich der Gegenwart.

— 1560 — 
wovon sie natürlich den Löwenanteil für sich behalten und 
dem armen Opfer nicht nur einen geringen Teil, sondern 
sogar oft nur ein Geschenk an Kleidern u. s. w. abgeben. 
Diese Megären streifen umher, um hübsche Mädchen zu 
finden, sie nehmen Kinder armer Eltern, Köchinnen, Kammer- 
mädchen, Kindsmädchen, ja sogar arme Lehrerinnen, was 
sie eben treffen, spiegeln ihnen einen guten Erwerb vor, 
ohne diesen namhaft zu machen, sagen ihnen zwar oft, sie 
sollen „verführt“ werden, was aber die armen Dinger nicht 
verstehen, indem sie sich darunter oft etwas vorstellen, was 
komisch klänge, wenn die Sache nicht so traurig wäre. Die 
Opfer des Molochs werden in verschlossenen Wagen nach 
einem schlechten Hause oder nach der Wohnung des Verderbers 
gebracht; um ihre Schreie zu ersticken, sind Fenster und 
Thüren dicht verhängt; sie werden auch oft durch chemische 
Präparate z. B. Chloroform oder Tabak im Bier u. s. w. 
betäubt oder von den Furien während des Verbrechens fest- 
gehalten, ja sogar mit Händen und Füßen an allen vier 
Pfosten des Bettes angebunden! Esgiebt Arzte und Hebammen, 
welche zum Zwecke dieser Gelüste um Geld die Mädchen 
untersuchen und ihnen die Jungfräulichkeit bescheinigen, wenn 
sie vorhanden ist. Haben die Armen einmal dieses gräßliche 
Schicksal erlitten, so sorgen die Kupplerinnen dafür, daß sie, 
um ihnen weitern Vorteil zu bringen, der Prostitution 
„erhalten“ bleiben. Das Traurigste ist, daß viele Eltern 
ihre Kinder selbst verkaufen. Ist dies nicht der Fall, so 
locken die Kuppler dieselben an sich, zeigen ihnen schöne 
Läden und dergl., sorgen dafür, daß es zur Heimkehr zu 
spät wird und bringen sie dann zum „Übernachten“ in das 
Lokal, wo die Entehrung ihrer wartet. Oder sie versprechen 
den Eltern, dem Kinde eine Stelle zu verschaffen, und lügen 
ihnen später vor, dasselbe sei schlecht geworden und davon 
gelaufen! 
Die Enthüllungen von Mr. Stead haben ferner erwiesen,
	        
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