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von einem Polizei-Inspektor früh morgens im Bette über—
fallen wurde, was sie so aufregte und empörte, daß sie gegen
diesen Menschen einen Mordversuch plante; sie wurde dabei
ergriffen und vor Gericht gestellt. Ihr Schicksal kennen
wir nicht, aber das des Beamten, welchem sein Attentat
gegen ein Weib natürlich als „Irrtum“ gutgeschrieben wurde.
Noch weit ärger aber ist es, wenn hohe Beamte selbst
der Prostitution Vorschub leisten. Der Polizeipräfekt Golora-
tscheff, hielt in Kronstadt, dem Vorwerke von Petersburg,
nicht nur auf den Namen einer mit ihm verbündeten Weibs-
person (Ratschkowski) gegenüber einem Kinderasyl und einer
Schule (1) ein Bordell, durch das er sich neun Jahre lang
(1873— 82) bereicherte und mittels dessen er zahllose
Erpressungen ausübte, sondern verfügte auch durch Ein-
schüchterung der Besitzer über die anderen Bordelle des Ortes,
und zwar unter den Augen der Behörden, die ihn bis auf
die Schwelle des Kriminalgerichtes unterstützten. Hundert
Zeugen überführten ihn endlich im J. 1885, und sein Loos
war die Verbannung nach Sibirien und der Ehrverlust.
In Rom wurde 1885 eine durch ganz Italien verzweigte
Bande entdeckt, welche im Lande Mädchen aufsuchte, um sie
nach Amerika zu verhandeln. Dieselben wurden an Unter-
händler in New-York gewiesen, welche 1000 bis 2000 Fr.
das „Stück“ bezahlten. Am 17. Aug. wurden zehn Mit-
glieder dieser Bande in Rom verhaftet. Gleichzeitig ging
durch Italien ein ausgiebiger Handel mit kleinen Knaben
und Mädchen, welche von den eigenen Eltern an Seiltänzer
und schlimmere Leute verkauft wurden, bis die italienischen
und französischen Behörden dagegen einschritten.
Im November 1885 verhaftete man in Valenciennes
zwei Weiber, welche seit mehreren Jahren Handel mit Mädchen
von 12 bis 13 Jahren trieben. Die eine derselben, Frau
Largillere, beutete sogar ihre eigene Tochter aus und ver-
kaufte sie am Tage ihrer ersten Kommunion um 5 Fr. (0