Full text: Die Gebrechen und Sünden der Sittenpolizei aller Zeiten, vorzüglich der Gegenwart.

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Der „Vater der Geschichte“ hörte nämlich im Nillande, 
dessen Priester, wie es scheint, den bei ihnen „Weisheit“ 
suchenden Fremden gern Märchen erzählten, daß der Farao 
Rampsinit (womit ohne Zweifel Einer der Ramessiden gemeint 
ist), um den Urheber einer in seinem Schatzhause verübten 
Reihe von Diebstählen zu entdecken, das Mittel ergriffen 
habe, „seine Tochter in einer Bude feil sitzen zu lassen,“ 
wo sie „Jeden ohne Unterschied anzunehmen hatte;“ ehe sie 
sich ihm aber ergab, mußte er ihr den klügsten und den 
lästerlichsten Streich seines Lebens erzählen. Der Thäter 
sollte wirklich in diese plumpe Falle gegangen sein, sich aber 
durch List aus derselben gezogen haben, worauf ihn der 
Farao habe auffordern lassen, sich unter dem Versprechen 
nicht nur der Straflosigkeit, sondern auch der Belohnung 
zu stellen, und ihn zu seinen Schwiegersohn erhoben habe 
(Herodot II. 121). Einen ganz ähnlichen Greuel erzählt 
derselbe Geschichtschreiber von Cheops, dem Erbauer der 
größten Pyramide, der ebenfall seine Tochter zur Prostituierten 
gemacht habe, um durch ihre Besucher Beiträge zu seinem 
Werke zu erhalten; die Tochter aber habe außerdem von 
jedem Besucher einen Stein verlangt, um ihrerseits dem 
Werke des Vaters ein ähnliches, wenn schon kleineres beizu- 
gesellen (Herodot II. 126). 
Diese beiden abgeschmackten Lügenmärchen beweisen 
indessen, das Eine unleugbar, daß im alten Agypten die 
Prostitution, und zwar mehr als wahrscheinlich unter dem 
Schutze des Staates, eine sehr ausgebildete Einrichtung war. 
Dafür sprechen auch obscöne Gebräuche im Nillande, so z. B. 
das Herumtragen riesiger Abbilder der Männlichkeit — durch 
Weiber (Herodot II. 48), das Mitgeben solcher von kleinerm 
Format in die Gräber und ihre Abbildung an Tempel- 
wänden und an Götterstatuen. Denn auch hier wurde die 
„heilige“ Prostitution geübt, d. h. die jungfräuliche Ehre 
und Reinheit wurde den Göttern als Opfer dargebracht.
	        
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