Full text: Die Gebrechen und Sünden der Sittenpolizei aller Zeiten, vorzüglich der Gegenwart.

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breitung seiner Weltherrschaft und seit dem Eindringen 
griechischer Kulte, Sitten und Unsitten im weitesten Maße, 
stufenweise immer mehr verfielen. Das Zusammenströmen 
von Leuten aller Völker des weiten Reiches und seiner Nach— 
barschaft im riesigen Rom, die Einführung des teilweise scham— 
losen ägyptischen Isis-, phönikischen Astarte- und phrygischen 
Kybele-Dienstes, die Zunahme der kaiserlichen Macht über 
den seiner Würde vergessenden Staat und das seiner Freiheit 
nicht mehr bewußte Volk machten den kaiserlichen Hof und 
ganz Rom nicht nur zu einem einzigen riesenhaften Lupanar 
mit zahllosen in ein System gebrachten Klassen von öffent— 
lichen Dirnen, sondern zu dem scheußlichsten Bordell der 
Weltgeschichte, und diese Entwickelung raubte dem Reiche 
die Fähigkeit, dem kraftvollen Ansturm der Barbaren zu 
widerstehen. 
War auch in den älteren Zeiten bei dem ernsten 
Charakter der Römer die Prostitution beinahe ganz auf 
gewisse Kreise, wie die freilich immer zahlreicheren Fremden, 
die vornehmen Jünglinge und die Sklavinnen beschränkt, 
so gab doch schon früh zu einer frivolen Auffassung der 
geschlechtlichen Verhältnisse die am häufigsten geübte Form 
der Ehe Veranlassung. Diese, der Usus genannt, bestand 
darin, daß die ohne förmliche Eheschließung heimgeführte 
Frau ein Jahr lang ununterbrochen bei dem Manne blieb, 
wodurch sie Familienglied wurde. Eine Abwesenheit von 
nur drei Nächten aus dem Hause des Mannes befreite sie 
aber aus dessen Gewalt. Dies war offenbar ein Rest 
ältester formloser Familiengründung, gewissermaßen eine 
Versteinerung des Weiberraubes, von dessen Dasein im ältesten 
Rom die Sage vom Raube der Sabinerinnen zeugt. Diese 
Eheform ging leicht in förmlichen Konkubinat und dieser in 
die Prostitution über. Einen nicht bessern Einfluß übten 
die bei den Hochzeitsfeierlichkeiten üblichen obscönen Gesänge 
der Fackeln tragenden Begleitung des Brautpaares. Ver-
	        
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