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Korsen fort. Als aber die Bourbonen zurückkehrten, hoben
sie die Freiheiten der Prostitution, die doch unter ihren Vor-
fahren so ungescheut geherrscht hatten, nach und nach auf;
das Regiment des „Bürgerkönigs“ aber trieb die Priesterinnen
der Venus auch aus dem Palais-Royal aus. Seit dieser
Zeit hat sich in Paris die sogenannte legale Prostitution
ausgebildet, welche hinsichtlich der Ordnung und Organisation
der geschlechtlichen Ausschweifung so viel geleistet hat, als
in einem so entsittlichten Lasterpfuhl wie Paris nur möglich
ist. Es giebt Angaben, nach welchen die Dirnen von Paris
die Zahl von fünfzigtausend erreichen. Eine andere Schätzung,
welche nur die polizeilich anerkannten Dirnen berücksichtigt,
zählt deren etwa fünfzehnhundert „internierte“", d. h. in Bor-
dellen lebende und etwa fünftausend „isolierte", d. h. allein
wohnende. Die Bordelle der Seinestadt zerfallen nach ihrer
Ausstattung in 4 Klassen, nach der Form der Gewerbe-
betreibung aber in maisons fermées oder publiques, in
welchen nur dort wohnende Dirnen, und in maisons de
Passe oder de tolérance, in welchen außer wenigen dort
wohnenden auch anderwärts dahin bestellte benutzt werden.
Die Herschaffung der diesem „Berufe“ sich widmenden Mädchen
besorgen gegen reichliche Belohnung eigene Kupplerinnen,
Placecuses, Courtièöres oder Entremetteuses genannt; die-
selben wählen ihre Rekruten aus der großen Zahl der eltern-
losen oder vom Hause geflohenen oder aus Diensten fort-
geschickten Mädchen oder aus sonstwie Verlassenen und einsam
Dastehenden. Oft machen auch die Bordellwirte, meist Männer
oder Zuhälter ehemaliger Dirnen, „Geschäftsreisen“ zur Auf-
suchung neuer Lockvögel.
Die Polizei überwacht die Eröffnung, Lage und Ein-
richtung neuer Bordelle genau, ordnet die sorgfältige fort-
dauernde Verschließung ihrer Thüren und Fenster an (so
daß jedem Gaste besonders geöffnet werden muß), verpönt
das Ausgehen ihrer Insassen auf Beute und sorgt für ihre