Full text: Die Gebrechen und Sünden der Sittenpolizei aller Zeiten, vorzüglich der Gegenwart.

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durch List oder Gewalt bemächtigt, in einem ihrer luxuriös 
ausgestatteten Boudoirs zur Verfügung stellte. Es wurde 
eine Untersuchung gegen sie angehoben; aber der berüchtigte 
Polizeipräfekt Louis Andrieux, auf den wir zurückkommen 
werden, wußte die Sache niederzuschlagen, weil gar zu viel 
hochstehende Herren beteiligt waren. Der zu dieser Anzahl 
gehörende General Ney, Enkel des Marschalls dieses Namens, 
brachte sich aus Furcht vor Entdeckung selbst ums Leben. 
Man erinnert sich wohl noch allgemein des entsetzlichen 
Skandals von Bordeaux, wo die Kinder des Arztes Del- 
mont, ein Mädchen von 12 und ein Knabe von 10 Jahren 
einige Zeit hindurch jede Nacht durch das gewissenlose Dienst- 
mädchen einer Bande von Wüstlingen überliefert wurden, 
während die Eltern in Folge narkotischer Stoffe, die ihnen 
das schändliche Geschöpf beigebracht, fest schliefen. Kurze 
Zeit nach der Bestrafung dieser Ungeheuer fand in derselben 
Stadt ein Prozeß gegen eine Bande junger Männer aus 
den „besten Familien“ statt, welche sich, mit Wissen, aber 
ohne Einschreiten der Polizei, die scheußlichsten Ausschreitungen, 
Einbrüche in Häuser, Zerstörung von Mobiliar, Vergewal 
tigung von Frauen u. s. w. hatten zu Schulden kommen 
lassen und schließlich, als der Skandal zu arg wurde, — 
mit Geldbußen bis auf 200 Francs davonkamen! Und das 
in einer Republik, deren Bürger vor dem Gesetze gleich — 
sein sollen. 
Den Skandalen von Bordeaux verdienen diejenigen von 
Lyon an die Seite gestellt zu werden, wo ein Scheusal, die 
Frau Maigre, nachdem sie ihre eigene Tochter korrumpiert 
hatte, durch dieselbe kleine Mädchen an sich locken ließ und 
sie dann verworfenen Wüstlingen in die unreinen Hände 
lieferte. Die Frau Maigre war zugleich Wahrsagerin! Aber- 
glauben und Unzucht reichen sich ja die Händel! 
Im Jahre 1882 kam eines Tages in Paris, zu Fuß 
und in zerrissenen Kleidern, ein schönes Mädchen an, aber
	        
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