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zur Eröffnung eines „Toleranzhauses“ abgewiesen worden
und hatte die Stirn, sich darüber bei dem Gouverneur der
Provinz in Gent zu beschweren! Und was geschah? Der
Gouverneur Verhaegue de Naeyer erteilte am 17. Februar
1882 dem Bürgermeister und den Schöffen von St. Nicolas
— einen Verweis (1), indem er sich darauf berief, daß in
dem Städtchen noch kein solches Haus existiere! Er berief
sich auf einen königlichen Erlaß vom 17. September 1878,
durch welchen ein Beschluß des Gemeinderates zu St. Nicolas,
der die Errichtung „öffentlicher Häuser“ verbot, aufgehoben
wurde! Der Bürgermeister van Naemen und die Schöffen
antworteten am 23. Februar desselben Jahres dem Gou-
verneur: Allerdings sei ihnen durch den erwähnten königlichen
Erlaß das Recht verweigert worden, die „Toleranzhäuser"
zu schließen, aber er habe ihnen keineswegs die Pflicht auf-
erlegt, künftig neue Ermächtigungen zu erteilen; der vom
Gonverneur angerufene Artikel 96 des Gemeindegesetzes gebe
den Gemeindebehörden das Recht einer Inspektion der „öffent-
lichen Häuser“", aber er befehle ihnen nicht, solche Häuser zu
errichten. Der Gemeinderat von St. Nicolas weigere sich,
den Häusern der Unzucht den Stempel der offiziellen Kontrolle
aufzudrücken; er ziehe es vor, die Prostitution beharrlich zu
verfolgen und werde niemals Häuser zu ihrer Beförderung
gestatten. — Das heißt einmal männlich gesprochen. Ob der
Gouverneur die Errichtung einer solchen Lasterhöhle von
Staatswegen erzwungen habe, ist uns nicht bekannt.
Die Gerichte von Lüttich und von Huy hatten ein
Mädchen, das von der Polizei wider seinen Willen auf die
Listen der Prostitution gebracht war, von der Unterwerfung
unter diese Maßregel freigesprochen; der belgische Kassations-
hof aber kassierte diese Urteile und stellte es der kommunalen
Polizei frei, in diesen Dingen nach Belieben zu verfahren.
Aber erst die Hauptstadt Brüssel ist, wie der „Eclair
belge“ vom 25. März 1877 sagt, derjenige Ort, an welchem