§ 3. Rechlliche Stellung der Bundesglieder; Sonderrechte. 15
Aus dem Vorstehenden ergibt sich auch, wie ungerechtfertigt die
von anderer Seite aufgestellte Ansicht ist, welche dahin geht, daß sich
Vayern auch die civil rechtliche Seite der Ehegesetzgebung habe vor-
behalten wollen. Eine derartige Absicht lag den Contrahenten gewiß völlig
ferne und kann auch aus dem Wortlaute der betreffenden Vereinbarun=
gen nicht gefolgert werden, denn diese beziehen sich ausschließend auf
Art. 4 Ziff. 1 der Verfassung, hier aber ist nur von öffentlich
rechtlichen Verhältnissen die Rede und es findet sich insbesondere
keine Spur von der bivilrechtlichen Seite der Ehegesetzgebung darin.
Die letztere bildet zur Zeit überhaupt keinen Gegenstand der Reichs-
gesetzgebung; sie kann aber zweifellos durch eine einfache Verfassungs-
änderung in den Kreis derselben gezogen werden.
2) Die vom Reiche ctwa erlassenen Gesetze über das Immobiliar=
Versicherungswesen erlangen in Bayern nur mit Zustimmung der bay-
rischen Regierung Geltung (Schlußprotokoll Ziff. IV), eine Zustimmung
der übrigen bayrischen Gesetzgebungsfakloren ist sohin nicht erforderlich.
3) Die Besteuerung des inländischen Branntweins und Biers
bleibt der bayrischen Landesgesetzgebung vorbehalten.
4) Dem Reiche steht in Betresf des Eisenbahnwesens Bayern
gegenüber nur insoferne ein Gesetzgebungsrecht zu, als Eisenbahnen im
Interesse der Verlheidigung Deutschlands oder des gemeinsamen Verkehrs
nothwendig, oder einheitliche Normen für die Construktion und Aus-
rüstung der für die Landesvertheidigung wichtigen Eisenbahnen aufzu-
stellen sind (Art. 46 der Verf. und Ziff. III 8 3 des Hauptvertrags).
5) Bayern behält, soweit es sich um den innern Verkehr
im Königreiche handelt, sein Anordnungsrecht bezüglich des Posttax-
wesens, der Portofreiheiten und der Gebühren für die telegraphische
Correspondenz (Art. 52 der Verf. und Ziff. III § 4 des Hauptvertrags).
B. Hinsichtlich der Geschäftsführung im Bundes-
rathe.
6) In dem Bundesralhsausschusse für das Landheer und die
Festungen hat Bayern einen ständigen Sitz, während die übrigen Mit-
glieder desselben mit Ausnahme des württembergischen Verlreters vom
Kaiser ernannt werden (Art. 8 Abs. II der Verf.).
7) Aus den Bundesrathsbevollmächtigten Bayerns, Sachsens
und Würktembergs und zwei vom Bundesrathe alljährlich zu wählen-