Das allgemeine Wahlrecht.
In der Zirkulardepesche vom 24. März 1866 an den baye=
rischen Gesandten, Prinzen Reuß, schrieb Bismarck:
„Direkte Wahlen und allgemeines Stimmrecht halte ich für
größere Bürgschaften einer konservativen Haltung als irgend ein
künstliches, auf Erzielung gemachter Majoritäten berechnetes
Wahlgesetz. Nach unseren Erfahrungen sind die Massen ehr=
licher bei der Erhaltung staatlicher Ordnung interessiert als die
Führer derjenigen Klassen, die man durch die Einführung irgend
eines Zensus in der aktiven Wahlberechtigung privilegieren möchte.“
„Ich darf es wohl als eine auf langer Erfahrung begründete
Überzeugung aussprechen“ (schrieb Bismarck weiter, am 19. April
1866, an den Grafen Bernsdorff nach London), „daß das künst=
liche System indirekter und Klassenwahlen ein viel ge=
fährlicheres ist, indem es die Berührung der höchsten Gewalt
mit den gesunden Elementen, die den Kern und die Masse des
Volkes bilden, verhindert. In einem Lande mit monarchischen
Traditionen und loyaler Gesinnung wird das allgemeine Stimm=
recht, indem es die Einflüsse der liberalen Bourgeoisieklassen be=
seitigt, auch zu monarchischen Wahlen führen, ebenso wie in
Ländern, wo die Massen revolutionär fühlen, zu anarchischen.
In Preußen aber sind 9/10 des Volks dem Könige treu und nur
durch künstlichen Mechanismus der Wahl um ihren Ausdruck
gebracht. Die Träger der Revolution sind die Wahlmänner=
kollegien, die der Umsturzpartei ein über das Land verbreitetes
und leicht zu handhabendes Netz gewähren, wie dies 1789 die