Full text: Bismarcks Staatsrecht.

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allein handeln können und handeln müssen — unsere Urteile 
über das Maß dessen, was wir geben wollen, können ja sehr 
verschieden sein. 
Ich habe damals unter dem Eindruck der Abkühlung, die 
ich durch das Auftreten des vorhin bezeichneten Protestabgeord= 
neten erfuhr, mich weiter von den Geschäften des Elsaß zurück= 
gezogen und bin bei mir selbst bedenklich geworden, ob es richtig 
war, daß ich als Reichskanzler zu den anderen Aufgaben, die ich 
hatte, zu den allgemeinen auch die eines alleinigen und regieren= 
den Ministers eines Landes von anderthalb Millionen Ein= 
wohnern übernahm, und zwar eines Landes, das, wie der erste 
Redner richtig bemerkte, dadurch die Verwaltung erschwert, daß 
es so weit von dem Sitze des Souveräns und des Reichskanzlers 
abliegt. Wir haben uns zuerst geholfen durch Abbürdung eines 
Teiles der ministeriellen Befugnisse auf den Oberpräsidenten, 
aber der Mangel ist allerdings der, daß die Leitung und die 
Hauptleitung der dortigen Politik einem Beamten anheimfällt, 
der nicht selbständig der verantwortliche Vertreter seiner Hand= 
lungen ist, auf dem die ministerielle Verantwortlichkeit nicht ruht, 
sondern der Reichskanzler trägt sie für ihn, und die Schwierig= 
keiten, die ein solches dualistisches (zwiespältiges) Verhältnis 
bietet, hat ja der erste Herr Redner drastischer vielleicht, als für 
den Zweck der Annäherung nötig war, geschildert. Nach dem ent= 
mutigenden Gefühle, mit dem ich dieser ganzen Aufgabe, für 
mich als Reichskanzler doch notwendigen Nebenaufgabe, gegenüber= 
stand, habe ich mich gefreut, auf dem Wege des Stellvertretungs= 
gesetzes die Verantwortlichkeit von mir abbürden zu können. 
Aber es bleibt ja richtig, daß die 200 Stunden, die zwischen der 
hiesigen Verwaltung und Elsaß=Lothringen liegen, die Teilung, 
die zwischen der Ministerialbefugnis und der Oberpräsidialbefug= 
nis so gemacht ist, daß die Hauptaccente der Geschäfte doch schon 
jetzt mehr in Straßburg liegen, als hier in Berlin, — so ge= 
macht ist, daß nach den mir aus den Akten gewordenen Mit= 
teilungen kaum einige 100 Nummern aus der ganzen Ver= 
waltung jährlich überhaupt hier zur Entscheidung gelangen,
	        
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