260 Unterrichtswesen. (§. 135.)
Zu diesem Zweck müssen sie über ihre bisherigen Verhältnisse, insbesondere über die
Fleckenlosigkeit ihres sittlichen und politischen Wandels genügende Zeugnisse durch den
Landrat oder die Stadtpolizeibehörde 1 der Regierung einreichen 2 (§. 20). Findet diese
nichts zu erinnern, so hat sie den Erlaubnisschein dahin auszufertigen, daß der An-
nahme der betreffenden Person als Hauslehrer, Erzieher oder Erzieherin kein Bedenken
entgegenstehe 3 (§. 21). Hauslehrer und Erzieher, die zugleich Kandidaten des Predigt-
oder Schulamtes sind, bleiben wie bisher der Aufsicht der geistlichen Oberen 4 oder der
dem Schulwesen des Kreises vorgesetzten Behörde untergeordnet; Hauslehrer und Erzieher
anderer Art, sowie Erzieherinnen stehen unter der allgemeinen polizeilichen Aufsicht (§. 23).
Eltern und Vormünder, deren Kinder oder Mündel die öffentlichen Schulen nicht be-
suchen, sind nach Maßgabe der landrechtlichen Bestimmungen verpflichtet, sich auf Ver-
langen der Ortsschul- und Polizeibehörde darüber auszuweisen, wie für den Unterricht
ihrer Kinder oder Mündel gesorgt ist 5 (§. 24).
III. Was den hiernach erforderlichen Nachweis der sittlichen, wissenschaftlichen.
und technischen Befähigung sowie die Staatsaufsicht über die Privatschulen betrifft, so
stehen die Bestimmungen der Instruktion v. 31. Dez. 1839 mit den Grundsätzen der
Art. 22 und 23 der Verfassungsurkunde nicht in Widerspruch. Soweit dagegen jene
Instruktion die Errichtung von Privatschulen von anderen Bedingungen als dem Nach-
weise der Befähigung abhängig macht, wie z. B. (§. 1) von dem vorhandenen Bedürf-
nisse, steht sie mit dem in Art. 22 ausgesprochenen Grundsatz der Unterrichtsfreiheit
nicht im Einklang; diese Beschränkungen werden daher im Falle einer künftigen gesetz-
lichen Regelung der Materie zu beseitigen sein.“
8. 135.
IV. Sorge für ausreichende Unterrichtsanstalten.“
I. Die Verfassungsurkunde bestimmt im ersten Absatze des Art. 21, daß „für die
Bildung der Jugend durch öffentliche Schulen genügend gesorgt werden soll“.)
Durch
1 Uber die Zuständigkeit der Polizeibehörden
hierzu vgl. den Min. Erl. v. 18. Sept. 1841 (M.
Bl. d. i. Verw. 1841, S. 279) und den Min. Erl.
v. 28. Aug. 1840 (M. Bl. d. i. Verw. 1840, S. 295).
2 Diewissenschaftliche und technische Befähigung
zur Erteilung des Elementarunterrichts soll nicht
durch besondere Prüfunger festgestellt, auch brauchen
keine Wahlfähigkeitszeugnisse beigebracht zu wer-
den. Nur dann, wenn gar keine Zeugnisse über
die Befähigung beigebracht werden können und
der bisherige Bildungsgang sowie die allgemeinen
Lebensverhältnisse des Bewerbers ihn notorisch
als selbst der notwendigen Elementarbildung ent-
behrend erkennen lassen, soll die Zurückweisung
erfolgen (Min. Erl. v. 26. Nov. 1858, M. Bl.
d. i. Verw. 1859, S. 115).
Die Namen solcher Personen sind durch das
Regier. Amtsbl. zu veröffentlichen G. 21 der Instr.).
Über die Gründe, aus welchen die Erlaubnis ver-
sagt werden kann, und über die für Ausländer
erforderliche Genehmigung der Regierung ogl.
§. 22, der Instr.
4 Üüber das Erfordernis der Meldung bei den
Superintendenten Pal= den Min. Erl. v. 7. Dez.
1842 (M. Bl. d. i. Verw. 1842, S. 117).
5 Über die Erteilung des Unterrichts an die
Kinder durch die Eltern vgl. den Min. Erl. v.
5. März 1847 (M. Bl. d. i. Verw. 1847, S. 258)
und die 88. 90, 91, 266, A. L. R., II, 2.
6 Dies erkennen auch die amtl. Erläuter. des
Min. d. geistl. Ang. v. Ladenberg (S. 21) aus-
drücklich an. Ob aber diese weitergehenden Be-
schränkungen schon jetzt als beseitigt zu erachten
oder als fortbestehend anzusehen sind, kann in
Zweifel gezogen werden. Für ersteres spricht
die Annahme, daß die Beibehaltung der bisherigen
gesetzlichen Bestimmungen bis zur anderweitigen
gesetzlichen Regelung des Unterrichtswesens (Art.
26, Satz 2 der Verf. Urk.) nur auf Bestimmungen
reglementärer Natur beziehen kann, wie denn auch
bereits der Min. Erl. v. 14. Dez. 1848 (M. Bl.
d. i. Verw. 1848, S. 376) nur von der ferneren
interimistischen Gültigkeit der „bestehenden Ein-
richtungen“" spricht.
Die oben S. 257, Note 7,
mitgeteilten Min. Erlasse ergeben, daß das Min.
d. geistl. und Unterr. Ang. den Nachweis des
Bedürfnisses als fortbestedend ansieht. Vgl. auch
Anschütz a. a. O., S. 398
7 Anschütz, Verf. Urk., Bd. I. S. 378 ff.,
466 ff.
§ Weder in dem Entw. der Verf. Komm. der
Nat. Vers. noch in dem Entw. der Zentralabteil.
war eine solche Bestimmung enthalten; sie ist erst
in den Art. 18 der oktroy. Verf. Urk. v. 5. Dez.
1848 aus §. 18 Nr. 2 der Beschlüsse der D. Nat.
Vers. (§. 155 der R. V. von 1849) in folgender
Fassung aufgenommen worden: „Der preuß.
Jugend wird durch genügende öffentliche Anstalten