Aufsicht über die höheren Schulen. (C. 146.) 319
3. Die bei nicht königlichen, d. h. nicht vom Staate unterhaltenen Anstalten
den Magistraten oder besonderen Korporationsorganen zustehenden Patronatrechte haben
eine sehr verschiedenartige Vertretung. Diese Rechte äußern sich vor allem bei der Be—
setzung der Lehrstellen 1, doch ist damit auch eine Aufsicht über die Schulen verbunden.?
Bei vielen städtischen höheren Schulen werden diese Rechte unmittelbar vom Magistrat
wahrgenommen, welcher sich in mehreren größeren Städten zur Vorberatung aller Schul-
angelegenheiten durch einen Stadtschulrat als technischen Dezernenten verstärkt hat.3 In
anderen Städten, namentlich der Provinz Westfalen und der Rheinprovinz, werden
die Patronatrechte bei den höheren Schulen nicht von den Kommunalbehörden unmittelbar
ausgeübt, sondern sind einer Schulkommission oder einem Schulkuratorium über-
tragen. Die Zusammensetzung solcher von den Schuldeputationen völlig verschiedenen
Kuratorien (Schularchate, Ephorate usw.), das Verfahren bei ihrer Ergänzung und die
Art ihrer Abhängigkeit von den städtischen Behörden sind nicht überall gleich, ebenso-
wenig das Maß ihrer Befugnisse. Die Direktoren und die ersten Ortsgeistlichen sind
fast überall instruktionsmäßig Mitglieder derselben, außerdem gehören dazu Vertreter der
städtischen Behörden. Die wichtigste Befugnis der Kuratorien ist die Lehrerwahl; über-
wiegend liegt ihnen außerdem die Sorge für die äußeren Angelegenheiten der
Schulen ob. Näheres über die Einrichtung, Pflichten und Rechte der Kuratorien be-
stimmen die Kuratorialinstruktionen, welche der Bestätigung durch das Provinzialschul-
kollegium bedürfen." Bei einigen Schulen sind die für das Kuratorium maßgebenden
Bestimmungen in das Schulstatut aufgenommen. Bei höheren Schulen, welche kein be-
sonderes Kuratorium haben, werden bisweilen auch Superintendenten oder andere Orts-
geistliche mit Genehmigung des Ministeriums zu Lokalkommissaren bestellt. Bei einigen
höheren Schulen der Provinz Westfalen und der Rheinprovinz haben die Kirchengemein-
den Anteil am Patronat; sie sind dabei durch ihre Pfarrer und durch Gemeindemitglieder
vertreten. Für die äußeren Angelegenheiten besteht an mehreren Schulen dieser Pro-
vinzen ein Verwaltungsrat, welchem besondere Instruktionen erteilt sind.
Die am häufigsten vorkommende Form eines gemischten Patronats (Kompatro-
nats) entsteht durch die Verbindung des königlichen Patronats mit dem städtischen
Patronate einer Schule auf Grund der aus Staatsfonds geleisteten Zuschüsse für die
Unterhaltung derselben. Dieses Kompatronat wird zunächst durch Kommissare, welche
den Patronats= und Kuratelkollegien mit gehöriger Instruktion von den Provinzialschul-
kollegien zuzuordnen sind, in höherer Instanz aber von den Provinzialschulkollegien selbst
wahrgenommen, ohne daß jedoch die bisherige Mitwirkung jener Kollegien dadurch auf-
gehoben oder vermindert würde.
III. Den kirchlichen Behörden gebührt auch bei den höheren Schulen eine
Mitwirkung hinsichtlich des Religionsunterrichts. Die Dienstinstruktion für die Kon-
sistorien v. 23. Okt. 18176 bestimmt in §. 8 ausdrücklich, daß den katholischen Bischöfen
ihr verfassungs= und gesetzmäßiger Einfluß auf den Religionsunterricht in allen öffent-
lichen Schulen und auf die Anstellung der besonderen Religionslehrer, wo dergleichen
unter unmittelbarer Aufsicht des Provinzialschul-
kollegiums gehörec.
1 A. L. R. II, 12, §§. 59, 60; Verordn. v.
9. Dez. 1842 (G. S. 1843, S. 1); Allerh. Order
v. 10. Nov. 1862 (M. Bl. d. i. Verw. 1863, S. 6).
2 A. L. R. II, 12, §. 60. Nähere gesetzliche
Bestimmungen hierüber fehlen. Es werden da-
her, wenn keine örtlichen Statuten vorhanden
sind, die allgemeinen Vorschriften über das Kirchen-
patronat (A. L. R. II, 11, Ss. 568, 584, 585)
analog anzuwenden sein. In Ansehung der
Vermögensverwaltung wird dies durch den im
8. 57 A. L. R. II, 12, enthaltenen ausdrücklichen
Hinweis auf die Bestimmungen des Tit. 11 ge-
rechtfertigt (vgl. v. Rönne, Unterrichtswesen,
Bd. II, S. 19). «
3DieStadtverordnetenversammlungcnalssolche
sind bei der Verwaltung der Schulen, abgesehen
von den den städtischen Haushalt berührenden
finanziellen Angelegenheiten, nicht beteiligt; da-
her werden auch die Vokationen der Lehrer vom
Magistrat ohne Konkurrenz der Stadtverordneten-
versammlung vollzogen.
4 Min. Erl. v. 7. Jan. 1840 (M. Bl. d. i. Verw.
1840, S. 50).
5 Kab. O. v. 10. Jan. 1817 (v. Kamptz, Ann.,
Bd. J, S. 157); Min. Erl. v. 2. Okt. 1842 und
v. 23. April 1866 (M. Bl. d. i. Verw. 1866,
S. 1029.
* G. S. 1817, S. 237.