104 Zweiter Abschnitt.
Wähler sind alle Wahlberechtigten, ausgenommen:
1) In den alten Provinzen, Schleswig-Holstein und Frankfurt a. M. 1:
a) diejenigen Beamten und die Mitglieder derjenigen Behörden, durch welche
die Aufsicht des Staates über die Städte geübt wird?;
b) die Mitglieder des Magistrats und alle besoldeten Gemeindebeamten 2;
c) Geistliche, Kirchendiener und Elementarlehrer";
d) die richterlichen Beamten 3, zu denen jedoch die technischen Mitglieder der
Handels-, Gewerbe= und ähnlichen Gerichte nicht zu zählen sind;
e) die Beamten der Staatsanwaltschaft;
s) die Polizeibeamten.“
Vater und Sohn, sowie Brüder dürfen nicht zugleich Mitglieder der Stadt-
verordnetenversammlung sein. Sind dergleichen Verwandte zugleich gewählt, so wird
der ältere allein zugelassen. Personen in gleichem Verwandtschaftsverhältnis und in den
alten Provinzen auch Schwiegervater und Schwiegersohn dürfen nicht zugleich dem
Stadtvorstande und der Stadtverordnetenversammlung angehören.
In Schleswig-Holstein kann endlich noch durch ortsstatutarische Bestimmung
die Wählbarkeit für alle oder einzelne Stadtverordnetenstellen von der Wohnung in einem
bestimmten Stadtteile abhängig gemacht werden, und in den alten Provinzen kann der
Bezirksausschuß bei Städten, welche mehrere Ortschaften umfassen, nach der Einwohner=
zahl dieser festsetzen, wieviel Stadtverordnete jeder einzelnen Ortschaft durch Wohnsitz
G. 26.)
angehören müssen.
2) In Hannover die Mitglieder des Rates und die Dienstuntergebenen desselben.
3) In Kurhessen alle stimmfähigen Ortsbürger unter 25 und über 70 Jahre,
auch dürfen hier ebenso wie in den östlichen Provinzen nahe verwandte Personen nicht
gleichzeitig Mitglieder beider städtischen Kollegien sein. 32
Jeder wählbare Bürger ist verpflichtet, die auf ihn fallende Wahl anzunehmen,
sofern ihm nicht einer der bereits oben besprochenen Ablehnungsgründe (vgl. oben
S. 90 ff.) zur Seite steht.
Staatsbeamte bedürfen zur Annahme der Wahl der
1 St. O. ö., wiesb. u. w., §. 17; rh., §. 16;
frkf., §. 26; schlesw.-holst., S. 38.
: Dahin gehören: der Minister des Innern,
die Oberpräsidenten nebst den zu ihrer Ver-
tretung bestimmten Beamten, die Regierungs-
präsidenten, Mitglieder der Regierungen, der
Bezirksausschüsse und Provinzialräte. Auch die
Hwählten Mitglieder der beiden letztgenannten
ehörden müssen als ausgeschlossen betrachtet
werden. Die Gesetze sprechen hier ganz absolut
und geben keinen Anhalt für eine Unterschei-
dung zwischen gewählten und ernannten Mit-
gliedern, wie ihn Ortel, Anm. 1 zu §. 17,
machen will.
Der Ausschluß der besoldeten Gemeinde-
beamten beruht auf dem Gedanken, daß der
Charakter der Stadtverordnetenversammlung
als das die Gemeindeverwaltung kontrollierende
Organ diejenigen ausschließt, welche von der
verwaltenden Instanz abhängig sind. Besoldet
ist aber derjenige Beamte, welcher für die Lei-
stung seiner Dienste von seinem Dienstherrn
ein Entgelt erhält; gleichgültig ist es, ob das
Einkommen ein festes oder ein schwankendes
ist, ob es prä= oder postnumerando gewährt
wird, ob der Empfänger dem Amte seine ganze
Kraft oder nur einen Teil derselben zu widmen
hat. O. V. G., XII, S. 56. Daher sind auch
Sparkassenrendanten, wenn die Sparkasse eine
Gemeindeanstalt ist, zu den besoldeten Ge-
meindebeamten zu rechnen. rtel, S. 154,
Anm. 2. In der Rheinprovinz sind die Bei-
geordneten wählbar, im übrigen aber die Ge-
meindebeamten schlechtweg, also auch die nicht-
besoldeten von der Wahl ausgeschlossen. St. O.
rh., §. 16, Z. 2. Die Behauptung Leidigs,
S. 74., Anm. 2, daß unter „Gemeindebeamten“
hier nur besoldete verstanden sind, entbehrt
jedes° Anhalts.
Aber die drei Begpriffe Geistliche, Kirchen-
diener und Elementarlehrer vgl. unten §F. 80.
* Dazu gehören auch die ernannten Mit-
glieder der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts.
Vgl. Leidig, S. 73, Anm. 5
* Dahin gehören der nbrnt, der Kreis-
sekretär als gesetzlicher Vertreter desselben (O.
V. G., XIII, S. 79) und auch die Beamten,
welche nur einen bestimmten Zweig der Polizei
(Eisenbahn-, Fischerei= u. s. w. Polizei) zu ver-
walten haben. O. V. G., XVI, S. 73; XXIII,
S. 373 ff. Der Kreisdeputierte ist als Polizei-
beamter nicht wählbar, wenn er z. Z., da die
Wahl erfolgt, den Landrat vertritt. O. V. G.,
XXV, S. 20.
7 St. O. hann., §. 85.
s Zu den obengenannten treten noch- Greb=
vater und Enkel hinzu. G. O. kurh.,
* In Sigmaringen sind an der grs-t be-
teiligte Staatsbeamte und Mitglieder des Stadt-
vorstandes, in Hechingen letztere, Gemeinde-
beamte und ausscheidende Stadtverord-
nete für das nächstfolgende Jahr von
der Wahl ausgeschlossen.