Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

106 Zweiter Abschnitt. (F. 26.) 
Jede Abteilung wählt ein Drittel der Stadtverordneten, ohne an die Wähler der 
Abteilung gebunden zu sein, aus sämtlichen an sich wahlfähigen Gemeindemitgliedern; nur 
in den mehrere Ortschaften umfassenden Städten kann der Kreis der wählbaren Personen 
insofern beschränkt werden, als hier der Bezirksausschuß festsetzen kann, wieviel Stadt- 
verordnete jeder einzelnen Ortschaft nach Maßgabe ihrer Einwohnerzahl durch Wohnsitz 
angehören müssen.! Läßt sich die Zahl der zu Wählenden nicht durch drei teilen, so ist, 
wenn einer übrig bleibt, dieser der zweiten Abteilung zuzuweisen. Bleiben zwei übrig, 
so wird je einer der ersten und dritten Abteilung zugeteilt. 
In Schleswig-Holstein, Hannover, Frankfurt a. M. und Kurhessen gilt 
nicht das Dreiklassenwahlsystem, sondern ein gleiches und direktes Wahlrecht; in Kur- 
hessem kann jedoch statutarisch eine Klassenwahl und eine Einteilung der Bürger nach 
Verschiedenheit des Besitzes, der Beschäftigung oder der Lebensweise eingeführt werden. 
II. Die Einteilung der Stadt in Wahlbezirke muß in Frankfurt a. M. und, 
sofern das Ortsstatut nicht etwas anderes bestimmt, auch in den hannöverschen Städten 
durchgeführt werden. Im übrigen ist diese Maßnahme dem Ermessen der städtischen 
Behörden überlassen, und zwar mit verschiedenen Modifikationen. 
In den alten Provinzen sollen Städte, die aus mehreren Ortschaften bestehen, nach 
diesen, im übrigen die einzelnen Abteilungen der Wähler selbst, wenn sie mehr als je 
500 Personen umfassen, in Wahlbezirke eingeteilt werden. Der Stadtvorstand hat, 
sobald die Einführung der Wahl nach Bezirken durch Gemeindebeschluß in Aussicht ge- 
nommen ist, die Grenzen der Wahlbezirke, sowie nach Maßgabe der Zahl der stimm- 
berechtigten Bürger die Anzahl der von einem jeden Bezirke zu wählenden Stadt- 
verordneten festzustellen.“ In Kurhessen ist dagegen die Anordnung der Wahl nach 
Bezirken nur dann zulässig, wenn keine Einteilung der Bürger nach Klassen eingeführt 
ist, auch bedarf sie hier stets der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. In Schleswig- 
Holstein hat das Ortsstatut über die Einführung der Wahl nach Bezirken, die Ab- 
grenzung dieser und den Wahlmodus Bestimmung zu treffen. Letzterer kann der in den 
alten Provinzen, Kurhessen und Frankfurt a. M. vorgeschriebene sein, nach 
welchem jeder Bezirk eine bestimmte Anzahl Stadtverordneter selbständig wählt, oder es 
kann die Wahl jedes Stadtverordneten durch die ganze Bürgerschaft und nur die Ab- 
stimmung bezirksweise erfolgen. 
c) Das Wahlverfahren. 
Das Wahlverfahren sowie die Vorbereitung desselben zeigt in den einzelnen Rechts- 
gebieten eine große Verschiedenheit und hat überdies nur in den neueren preußischen 
Städteordnungen und in der hannöverschen eine eingehendere Regelung erfahren. 
  
bestimmen nicht, welcher Klasse die Ehrenbürger, 
wenn sie keine Steuern zahlen, zuzuzählen sind. 
Es wird daher hier das Ortsstatut eintreten G. 
: St. O. ö., wiesb. u. w. 581“ rh., 
frkf., J 25; schlesw.-bolst., §. 39; hann., • "§oö5 
O. kurbh., §. 45, Abs. 2 
müssen, welches zweifelsohne wie in der Rhein- 
provinz alle Ehrenbürger der ersten Abteilung Über- 
weisen kann. Ohne solche ortsstatutarische Vor- 
schrift scheint jedoch die Ausdehnung der allein 
für die Rheinprovinz erlassenen Vorschrift auf 
die anderen Provinzen, unzulässig. Ebren- 
bürger, die Überbaupt keine Staatssteuer zahlen, 
können nach §§. 2 u. 6 des Ges. v. 29. Juni 
1893 überall, auch in der Rheinprovinz, nur 
in der dritten Abteilung wählen. 
1 St. O. ö., wiesb, u. w., §. 15; rh., §. 14; 
#was abweichend St. O. schlesw.-holst., §. 38 
Abs. 6. 
1 G. O. kurh., §. 45, Abs. 2. Eine Ein- 
teilung der Bürger nach Klassen (Kaufleute, 
Handwerker, Ackerbürger) findet übrigens auch 
in den kleinen Städten Neuvorpommerns und 
Rügens nach den alten Stadtrezessen statt. Bgl. 
unten S. 113, Anm 
  
Die früher vielseitig bestrittene Frage, ob 
der Magistrat auch befugt ist, die von ihm ein- 
gerichteten Bezirke abzuändern (O. B. G., XVII, 
S. 107), ist jetzt erledigt durch das Ges. v. 
1. März 1891 (G. S., S. 20), welches dem 
§. 14 d. St. O. ö. folgende Bestimmung hin- 
zufügt: „Ist eine Anderung der Anzahl oder 
der Grenzen der Wahlbezirke oder der Anzahl 
der von einem jeden derselben zu wählenden 
Stadtverordneten wegen einer in der Zahl der 
stimmfähigen Bürger eingetretenen Änderung 
oder aus sonstigen Gründen erforderlich ge- 
worden, so hat der Magistrat die entsprechende 
anderweite Festsetzung zu treffen, auch wegen 
des Überganges aus dem alten in das neue 
Berhältnis das Geeignete anzuordnen. 
Der Beschluß des Magistrats bedarf der Be- 
stätigung von Aufsichts wegen.“
	        
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