Ortsgemeinden; das geltende Recht. (8. 26.) 111
II. In enger Anlehnung an diese Vorschriften hat die Städteordnung für Schles-
wig-Holstein das Wahlverfahren geregelt; nennenswerte Abweichungen weist sie nur
bezüglich der Ermittelung der Wahlberechtigten, des Wahlvorstandes und des Wahlaktes auf.
Der Mazistrat führt hier über alle (nicht nur die stimmfähigen) Bürger eine ein-
heitliche Liste (Bürgerrolle).“ Diese wird ebenso wie die Wählerliste in den unter
1. besprochenen Rechtsgebieten jährlich berichtigt und festgestellt. Sie ist jedoch mit der
Feststellung weder unabänderlich auf ein Jahr abgeschlossen, indem auch nachher noch
der Name eines Einwohners wegen neuer, den Nichtbesitz des Bürgerrechtes oder den
Verlust der Ausübung desselben darthuender Thatsachen gestrichen oder wegen später
erfolgten Erwerbes des Bürgerrechtes eingetragen werden kann 7, noch bildet sie die un-
mittelbare Grundlage der hier alljährlich stattfindenden Wahlen. Zum Zwecke der-
selben werden erst auf Grund der Bürgerrolle von der Wahlkommission besondere Ver-
zeichnisse der Wahlberechtigten, eventuell bezirksweise, aufgestellt und 14 Tage lang auf
dem Rathause ausgelegt. Erinnerungen dagegen, welche jedoch nur in der Behauptung
der Nichtübereinstimmung des Verzeichnisses mit der Bürgerrolle oder den Reklamations-
entscheidungen bestehen dürfen, können bis drei Tage vor dem Wahltermine beim Vor-
sitzenden der Kommission angebracht werden und sind von diesem zu entscheiden.
An Stelle des Wahlvorstandes tritt hier eine Wahlkommission, bestehend aus zwei
vom Bürgermeister bestimmten Magistratsmitgliedern, von denen das ältere den Vorsitz
führt, und zwei von den Stadtverordneten aus ihrer Mitte gewählten Mitgliedern; in
derselben Weise wird je ein Stellvertreter vom Magistrat und von den Stadtverordneten
bestellt; zum Protokollführer kann sich die Wahlkommission selbst eine geeignete Person
wählen. Erfolgt die Wahl nach Bezirken, so ist durch ortsstatutarische Bestimmung für
jeden Bezirk ein besonderer Wahlvorstand zu organisieren, welcher als Organ der Wahl-
kommission erscheint."
Die Wahl spielt sich in einem fortlaufenden Akte ab, es dürfen jedoch niemals
mehr als drei Stadtverordnete zugleich gewählt werden; ist dies aber erforderlich, so
müssen mehrere zeitlich getrennte, selbständige Wahlakte angeordnet werden. Das Wahl-
recht, welches ein gleiches ist, wird ebenso wie in den alten Provinzen durch öffentlich-
mündliche Stimmabgabe ausgeübt; zur Wahl eines Kandidaten genügt aber schon relative
Mehrheit der Stimmen.=
III. In Hannover bildet die Grundlage der Stadtverordnetenwahlen, deren Zeit-
punkt das Ortsstatut bestimmt, eine Liste der stimmfähigen Bürger. Diese wird vor jeder
Wahl aus den Rollen des Magistrates, welche er, entsprechend dem Prinzip der Bürger-
gemeinde, über alle Gemeindeglieder, Einwohner wie Bürger, führt, angefertigt, acht Tage
hindurch ausgelegt und auf erhobene Einsprüche ebenso wie in den alten Provinzen
festgestellt.“ ,
Die Wähler werden zur Wahl durch öffentliche Bekanntmachung oder, wo es das
Ortsstatut bestimmt, durch persönliche Einladung berufen und sind verpflichtet, zu er-
scheinen. Die Wahlhandlung besteht in einem einheitlichen Akte, ist nicht öffentlich und
wird in jedem Bezirke von einem Magistratsmitgliede unter Zuziehung zweier Bürger-
vorsteher orer anderer stimmfähiger Bürger geleitet.7
Zur Gültigkeit jeder Wahl ist die Abgabe von mindestens einem Drittel der nach
den Listen vorhandenen Stimmen erforderlich. Wird diese Zahl nicht erreicht, so ruht
1 In diese Liste sind also besonders auch die-
jenigen aufzunehmen, deren Bürgerrecht ruht, oder
die es zeitweilig verloren haben. St. O. schlesw.=
holst., §. 16.
: Die nachträgliche Eintragung erfolgt auf
Antrag. Die Ablehnung des Antrages sowie die
beabsichtigte Streichung des Namens ist dem
Beteiligten unter Angabe der Gründe vom
Magistrat mitzuteilen. Gegen diese Entschei-
dung steht dem Beteiligten Einspruch bei der
Stadtverordnetenversammlung und daun Klage
beim Bezirksausschuß zu. St. O. schlesw.-Holst.,
8. 40; Zust. G., 88. 10, 11.
? St. O. schlesw.-Holst., §. 43.
4 St. O. schlesw.-holst., s. 42.
5 Die Einführung der Gewählten erfolgt
durch den Bürgermeister in gemeinschaftlicher
Sitzung der städtischen Kollegien. ber die
Zeit des Amtsantritts hat das Ortsstatut Be-
stimmung zu treffen. St. O. schlesw.-Holst.,
8S. 44—46
" St. O. hann., 88. 12, 91 u. 92; Zust. G.,
#§. 10, Abs. 1, Z. 1, Abs. 2, u. §. 11; O. V. G.,
XVII, S. 90.
7 St. O. hann., §. 90.