Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

Ortsgemeinden; das geltende Recht. (8. 31.) 
3) Die dritte Gruppe der Städteordnungen endlich hat im Anschluß an das frühere 
Kooptationsrecht des Stadtrates! versucht, demselben auch ferner eine gesicherte Ein- 
wirkung auf die Wahl seiner Mitglieder zu ermöglichen. 
a) Aus diesem Gesichtspunkte werden in Hannover die Magistratsmitglieder von 
den vorhandenen Magistratspersonen und einer gleichen Anzahl Bürgervorstehern, welche 
das Bürgervorsteherkollegium bezeichnet, in vereinigter Sitzung mit absoluter Stimmen- 
mehrheit gewählt. Sollte dieses Kollegium, weil nur ein oder zwei Magistratsmitglieder 
vorhanden sind, nicht aus mindestens sechs Mitgliedern bestehen, so ist es bis auf diese 
Zahl dadurch zu erhöhen, daß Magistrat und Bürgervorsteherkollegium zu gleichen Teilen 
noch Bürgervorsteher hineinwählen. 
Die Wahl selbst wird von einem Magistratsmitglied und zwei von der Versamm- 
lung gewählten Beisitzern geleitet und erfolgt nach Belieben jedes Wählers durch münd- 
liche Abstimmung zu Protokoll oder verschlossene Stimmzettel. Ergiebt sich keine absolute 
Majorität, so ist die Wahl in der Art zu wiederholen, daß nur die bei der vorher- 
gehenden Abstimmung Benannten wählbar bleiben, und von diesen derjenige ausscheidet, 
auf den die geringste Stimmenzahl gefallen ist. Sind deren mehrere, so ist der Aus- 
scheidende durch das Los zu ermitteln. Wird auch bei der so wiederholten Wahl keiner 
mit absoluter Majorität gewählt, so werden die beiden, welche jetzt die meisten Stimmen 
erhalten haben, dem Regierungspräsidenten zur Auswahl präsentiert. 
Durch Ortsstatut kann bestimmt werden, daß die Magistratsmitglieder vom Magistrat 
und sämtlichen Bürgervorstehern in getrennter Versammlung gewählt werden sollen. 
Wird in diesem Falle auch bei wiederholter Abstimmung eine Übereinstimmung der Be- 
schlüsse beider Kollegien nicht erreicht, so präsentiert jedes Kollegium den von ihm 
Gewählten dem Regierungspräsidenten zur Auswahl.= 
b) In Schleswig-Holstein hat man das hannöversche System mit dem direkten 
Wahlrecht der Bürgergemeinde kombiniert.“ Auch hier wird eine Kommission aus sämt- 
lichen vorhandenen Magistratsmitgliedern und aus einer gleichen Zahl durch die Stadt- 
verordnetenversammlung zu bestimmender Mitglieder der letzteren gebildet.3 Diese hat 
aber kein Wahl-, sondern nur ein Präsentationsrecht: Sie hat für jede erledigte Stelles 
drei Kandidaten zu wählen und der Bürgerschaft vorzuschlagen, und letztere wählt dann 
aus den dreien nach den für die Stadtverordnetenwahlen geltenden Vorschriften das 
Magistratsmitglied. 
Die Wahl der drei Kandidaten durch die gemeinschaftliche Kommission erfolgt mittels 
Stimmzettel nach absoluter Stimmenmehrheit. Wird eine solche bei der ersten Ab- 
stimmung nicht erreicht, so ist mit der Abstimmung über diejenigen Personen, welche die 
meisten Stimmen gehabt haben, unter jedesmaliger Ausscheidung eines Kandidaten so 
lange fortzufahren, bis die absolute Stimmenmehrheit erzielt ist. Bei Stimmengleichheit 
entscheidet das Los. Durch Ortsstatut kann mit Rücksicht auf besondere örtliche Ver- 
125 
  
den der Bürgermeister und die Gemeinderäte 
von den stimmberechtigten Gemeindebürgern, 
ersterer unter Leitung der Ausfsichtsbehörde, 
pommernsund Rügens; vgl. folgende Seite, 
Anm. 2. Z 
: St. O. hann., §. 53. Uber das Verfahren 
letztere unter Leitung des Bürgermeisters ge- 
wählt. Es genügt relative Mehrheit, jedoch 
muß der Bürgermeister mindestens ein Drittel 
der Stimmen aller Wahlberechtigten auf sich 
vereinigen. Zur Wahl sind die Bürger drei 
Tage vorher zu laden, und es müssen mindestens 
zwei Drittel aller Berechtigten erschienen sein. 
— In der Stadt Hechingen wählt die Bürger- 
schaft zunächst eine mit dem Bürgerausschuß 
nicht zusammenfallende Wahlversammlung, deren 
Mitglieder zur Hälfte der höchst-, zur Hälfte 
der minderbesteuerten Hälfte der Bürgerschaft 
angehören müssen. Diese Wahlversammlung 
wählt dann unter Leitung des Schultheißen den 
Stadtrat. 
1 Das alte Kooptationssystem besteht heute 
nur noch in den kleineren Städten Neuvor- 
  
bei der Auswahl derjenigen Bürgervorsteher, 
welche an der Wahl des Magistratsmitgliedes 
teilnehmen sollen, vgl. die verschiedenen hann. 
Ministerial-Bekanntmachungen bei v. Brau- 
citsch, Ergzbd. f. Hannover, S. 96, Anm. 44 
Ue. die zu dieser Bestimmung erlassene 
Ausführungs-Bekanntmachung des hann. M. 
d. J. v. 13. Dez. 1860 bei v. Brauchitsch, 
a. a. O., S. 98, Anm. 46. 
4 St. O. schlesw.-holst., §. 31. 
5 Eine Bestimmung über die Mindestzahl der 
Mitglieder der Kommission, wie in Hannover, 
bestebt hier nicht. 
* Sind mehrere Magistratsstellen gleichzeitig 
erledigt, so ist für jede eine besondere Präsen- 
tation und besondere Wahl vorzunehmen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.