Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

152 Zweiter Abschnitt. (8. 38.) 
storbenen; jedoch sollen auch armen Eltern, Geschwistern, Geschwisterkindern und Pflegekindern 
desselben die Gnadenbewilligungen gewährt werden, wenn er deren Ernährer gewesen ist. 
4) Eine wesentliche Einwirkung auf die Versorgung dienstunfähiger städtischer 
Beamten und ihrer Hinterbliebenen hat die neue Unfallversicherungsgesetzgebung gehabt. 
Nachdem das Unfallversicherungsgesetz v. 6. Juli 1884 (R. G. Bl., S. 69) den neuen 
Unterstützungsanspruch auf die Unfallrente nur den versicherungspflichtigen und nicht mit 
festem Gehalt und Pensionsanspruch angestellten städtischen Beamten gegeben hatte, standen 
den verschiedenen Arten der städtischen Beamten bei Eintritt ihrer Dienstunfähigkeit 
infolge eines im Dienste erlittenen Betriebsunfalles drei verschieden geartete Ansprüche 
zu: die pensionsberechtigten hatten ihren Pensionsanspruch in der oben geschilderten Weise, 
die nicht pensionsberechtigten versicherungspflichtigen lediglich den Anspruch auf die Unfall- 
rente gegen die betreffende Berufsgenossenschaft, an deren Stelle unter Umständen auch die 
Stadt treten konnte, und endlich die nicht pensionsberechtigten und auch nicht versicherungs- 
pflichtigen nur den privatrechtlichen Anspruch auf Schadensersatz gegen die Stadt. 
Die Möglichkeit einer Vereinfachung und gleichmäßigeren Regelung dieser Verhält- 
nisse wurde den Städten durch das Reichsgesetz, betreffend die Fürsorge für Beamte und 
Personen des Soldatenstandes infolge von Betriebsunfällen, v. 15. März 1886 (R. G. Bl., 
S. 53) und das preußische Gesetz, betreffend die Fürsorge für Beamte infolge von Be- 
triebsunfällen, v. 18. Juni 1887 (G. S., S. 282) gegeben. Die Kommunalverbände 
können die Fürsorge für alle oder gewisse Gruppen ihrer durch Betriebsunfälle dienst- 
unfähig gewordenen Beamten selbst übernehmen und in einem Ortsstatut einheitlich 
regeln. Hinsichtlich ves Inhalts desselben ist die städtische Autonomie nur in zwei 
Beziehungen beschränkt. Das Ortsstatut darf den städtischen Beamten keine geringeren 
Ansprüche gewähren, als ihnen schon früher gesetzlich zustanden, und es muß, falls es 
die Stadt von der Pflicht, ihre unfallversicherungspflichtigen Beamten ferner zu ver- 
sichern, befreien und gleichzeitig alle weiter gehenden Ansprüche der durch einen Betriebs- 
unfall verletzten Beamten und ihrer Hinterbliebenen gegen die Stadt ausschließen soll, 
mindestens folgende Unterstützungen festsetzen 1: 
Jedem städtischen Beamten, der infolge eines im Dienste erlittenen Betriebsunfalles 
dauernd dienstunfähig geworden ist, wird, auch wenn er sonst nicht pensionsberechtigt ist, 
eine Pension von zwei Dritteln seines jährlichen Diensteinkommens gewährt. Ist der 
Beamte infolge eines solchen Unfalles nicht dauernd dienstunfähig geworden, so erhält 
er bei seiner Entlassung aus dem Dienste für die Zeit völliger Erwerbsunfähigkeit eine 
Pension von gleicher Höhe, für die Zeit nur teilweiser Erwerbsunfähigkeit einen Bruch- 
teil dieser Pension, welcher nach dem Maße der verbliebenen Erwerbsfähigkeit zu be- 
messen ist. Außerdem sind dem Verletzten die ihm nach Wegfall des Diensteinkommens 
noch erwachsenen Kosten des Heilverfahrens zu ersetzen. 
Die Hinterbliebenen eines Beamten, welcher infolge eines solchen Betriebsunfalles 
gestorben ist, erhalten, sofern sie nicht Anspruch auf das Gnadenquartal oder den Gnaden- 
monat haben, ein Sterbegeld im Betrage des einmonatlichen Diensteinkommens oder 
der einmonatlichen Pension des Verstorbenen, mindestens jedoch 30 Mark, und eine 
Rente. Letztere beträgt: a) für die Witwe bis zu deren Tode oder Wiederverheiratung 
20 Prozent des jährlichen Diensteinkommens des Verstorbenen, jedoch nicht unter 160 Mark 
und nicht über 1600 Mark; b) für jedes Kind bis zur Vollendung des 18. Lebens- 
jahres oder bis zur etwaigen früheren Verheiratung, sofern die Mutter lebt, 75 Prozent 
der Witwenrente und, sofern sie nicht lebt, die ganze Witwenrente; c) für Ascendenten des 
Verstorbenen, wenn dieser ihr einziger Ernährer gewesen ist, für die Zeit bis zu ihrem 
Tode oder bis zum Wegfalle der Bedürftigkeit 20 Prozent des Diensteinkommens des Ver- 
storbenen, jedoch nicht weniger als 160 Mark und nicht mehr als 1600 Mark; sind 
mehrere derartig Berechtigte vorhanden, so wird die Rente den Eltern vor den Groß- 
eltern gewährt. Die Renten dürfen zusammen 60 Prozent des Diensteinkommens nicht 
übersteigen. Die Ansprüche der Ascendenten werden nur so weit berücksichtigt, als dieser 
Höchstbetrag durch die Renten der Witwe und Kinder nicht erreicht wird; überschreiten 
letztere allein schon denselben, so werden sie alle in gleichem Verhältnis gekürzt. 
  
  
1 F. 12 des R. Ges.; §9. 11, 12 u. 13 des preuß. Ges.
	        
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