Ortsgemeinden; das geltende Recht. (8. 42.) 169
die analogen oben im Städterecht
werden.
Frauen, unselbständige, juristische und außerhalb der Gemeinde wohnende Personen
sind von der Gemeindemitgliedschaft, auch wenn sie Grundbesitz in der Gemeinde haben,
ausgeschlossen. Ist dieser jedoch so groß, daß er den Umfang einer die Haltung von
Zugvieh zur Bewirtschaftung erfordernden Ackernahrung! hat, oder befindet sich auf ihm
ein Wohnhaus, eine Fabrik oder eine andere gewerbliche Anlage, die dem Werte einer
solchen Ackernahrung mindestens gleichkommt, so steht den bezeichneten Personen — und
zwar den Frauen und unselbständigen Personen, sofern sie gleichzeitig die eben unter II,
Z. 1—5, den Forensen, sofern sie die daselbst unter 1, 2, 4 und 5 bezeichneten Voraus-
setzungen erfüllen — das Stimmrecht in der Gemeinde zu.
III. Die Grundbesitzer gemeinde in Hannover: Angehörige einer han-
növerschen Landgemeinde sind alle diejenigen Personen, welche innerhalb des Gemeinde=
bezirkes ihren Wohnsitz haben. Üüber die Gemeindemitglievschaft, welche die Landgemeinde-
ordnung einfach „Stimmrecht“ nennt, entscheidet in erster Linie das zur Zeit ihrer
Emanation anerkannte Herkommen, die bestehende „Stimmordnung“.) Nur für den
Fall, daß eine Anderung dieser notwendig wird, welche durch einen vom Kreisausschuß
zu bestätigenden Gemeindebeschluß herbeizuführen ist 2, oder daß eine solche Stimm-
ordnung überhaupt bis dahin nicht bestand, hat das Gesetz Bestimmungen über die
Gemeindemitgliedschaft und insbesondere über die Ausübung des Stimmrechts getroffen.
Danach sind Mitglieder der Gemeinde" und somit nutzungs= und stimmberechtigt:
1) Alle diejenigen Personen, welche in der Gemeinde ein Gut, einen Hof oder
ein für sich bestehendes Wohnhaus eigentümlich oder nießbräuchlich besitzen.
2) Alle im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befindlichen Männer, welche in
der Gemeinde einen Wohnsitz" haben und einen eigenen Haushalt führen, sofern sie
a) unbescholten, d. h. nicht wegen eines nach der öffentlichen Meinung entehrenden
S. 89 unter II. besprochenen Vorschriften verwiesen
der Fassung, welche letzterem auf Grund der
neuen Strafgesetze die St. O. wiesb. gegeben hat.
Vgl. oben S. 89. Ein Ruhen des Gemeinderechts
tritt aber außer den dort unter a und b genannten
Filen noch ein: c) wenn ein Gemeindeglied in
onkurs verfällt (vgl. oben S. 90, Anm. 1);
d) wenn ein Gemeindeglied eine Armenunter-
stützung aus öffentlichen Mitteln empfängt, wäh-
rend sechs Monate nach dem Empfange der Unter-
stütgung, sofern es nicht früher die empfangene
Unterstützung erstattet; e) wenn ein Gemeinde-
glied die auf dasselbe entfallenden Gemeinde-
abgaben nach Mahnung durch den Steuererheber
nicht gezahlt hat, bis zu ihrer Entrichtung.
1 L. G. O. ö. u. schlesw.-holst., §. 45. Derselbe
entspricht im Abs. 1 u. 2 im wesentlichen dem
5, Z. 2 des Ges. v. 14. April 1856. Den
jur. Personen sind aber in Bezug auf den Erwerb
des Stimmrechts noch ausdrücklich die Aktien-
gesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien,
Berggewerkschaften, eingetragene Genossenschaf-
ten und der Staatsfiskus gleichgestellt.
Für die Beantwortung der Frage, ob der
Besitz eines bestimmten Gutes das Stimmrecht
gewährt, kommt es lediglich darauf an, ob das
Gut seinem Umfange nach das Halten von Zug-
vieh nach landwirtschaftlichen Grundsätzen ge-
stattet und erforderlich macht (O. V. G., VI,
S. 142). Ob thatsächlich Zugvieh gehalten oder
nicht gebalten wird, ist gleichgllitig.
1 L. G. O. hann., 8.
2 über die Anderung einer bestehenden Stimm=
ordnung kann die Gemeinde aus eigener Ini-
tiative oder auf Antrag eines Interessenten Be-
schluß fassen. Eine solche Beschlußfassung ist zu-
lässig, wenn einem infolge Anschlusses von Grund-
besitz oder Aufhebung von Exemtionen in eine
Gemeinde neu Eintretenden eine seinen Verbält-
nissen entsprechende Stelle nach der bestehenden
Stimmordnung nicht angewiesen werden kann,
oder wenn die bestehende Stimmordnung zu dem
Beitragsverbältnis für die Gemeindelasten und
dem Interesse des betreffenden Gemeindegliedes
an den Gemeindeangelegenheiten in erheblichem
Mißverhältnis steht. Anträge auf Anderung der
Stimmordnung sind beim Gemeindevorstande
anzubringen, welcher darüber den Beschluß der
Gemeinde berbeizuführen hat. (L. . O. hann.,
#§. 4; hann. L. Verf. G. v. 1840, §. 52.) Füblt
sich jemand durch einen Gemeindebeschluß wegen
des Stimmrechts im allgemeinen verletzt,
so hat auf seine Beschwerde der Kr. A., dem
nach Zust. G., §. 31 die Bestätigung der Stimm-
ordnung zusteht, zu beschließen. Ein solches
Beschwerderecht steht auch gegen einen von der
Gemeinde aus eigener Initiative gefaßten Be-
schluß offen. L. G. O. hann., §. 6. Zu unter-
scheiden von dieser Beschwerde ist diejenige, welche
im einzelnen den Besitz oder den Berlust des
Stimmrechts in der Gemeindeversammlung be-
trifft; über diese hat wie überall der Gemeinde-
ausschuß und, wo ein solcher nicht besteht, der
Gemeindevorsteher, vorbehaltlich der Klage beim
KrR A., gemäß Zust. G., . 27, 28 zu entscheiden.
4 L. G. O. hann., 8.3
* An Stelle der vom Gesetze geforderten
Wohnberechtigung ist jetzt der Wohnsitz getreten.
Ges. betr. die Ausführung des Bundesgesetzes
über den Unterstützungswohnsitz v. 8. März 1871
(G. S., S. 130), §S. 73, Z. 3, a.