174 Zweiter Abschnitt. (F. 43.)
nischen Gemeindeordnung sämtliche Gemeindeberechtigte, obwohl ihre Zahl größer als 18
war, die Gemeindeversammlung gebildet haben. — Sinkt in einer Gemeinde, welche
durch Gemeindeverordnete vertreten wird, die Zahl der Stimmberechtigten bis auf 18
oder darunter, so bleiben die Gemeindeverordneten noch bis zum Ablauf ihrer Wahl-
periode in Funktion, und erst alsdann treten sämtliche Stimmberechtigte wieder zur
Gemeinreversammlung zusammen. Steigt dagegen in einer Gemeinde, welche bisher
nur 18 oder weniger Stimmberechtigte hatte, die Zahl der Stimmberechtigten über 18,
so ist für die Wahl von Gemeindeverordneten eine Frist von drei Jahren gegeben.
In den Landgemeinden der östlichen Provinzen und Schleswig-Holstein
hat an Stelle der Gemeindeversammlung eine Gemeindevertretung zu treten, sobald die
Zahl der Stimmberechtigten mehr als 40 beträgt. Jedoch sind die Landgemeinden be-
rechtigt und, falls der Kreisausschuß auf Antrag Beteiligter oder im öffentlichen Interesse
dies beschließt, verpflichtet, auch bei einer geringeren Anzahl von Stimmberechtigten eine
Gemeindevertretung im Wege ortsstatutarischer Anordnung einzuführen. Eine Berechtigung
der Landgemeinden, bei mehr als 40 Stimmberechtigten ausnahmsweise die Gemeinde-
versammlung beizubehalten, ist nicht anerkannt.?.
Wo eine Gemeindevertretung eingeführt ist, da beschränkt sich die Thätigkeit der
Gemeindeberechtigten in ihrer Gesamtheit regelmäßig auf die Wahl der Gemeinde-
vertreter. In Hannover können jedoch auch in den Gemeinden, in welchen eine
Gemeindevertretung besteht, besonders wichtige Gegenstände, wie namentlich Veränderungen
in der Verfassung und der Stimmordnung der Gemeinde, Anleihen auf den Kredit der
Gemeinden, Einführung neuer Gemeindeabgaben und Leistungen und Anderungen im
Verteilungsfuße derselben, der Beschlußnahme der Gemeindeversammlung vorbehalten
werden.“
Die unterschiedliche Bezeichnung „Gemeindeversammlung“ und „Gemeindevertretung“,
je nachdem die die Gemeinde repräsentierende Versammlung aus allen stimmberechtigten
Mitgliedern oder nur aus Gemeindeverordneten besteht, findet sich übrigens nur in der
östlichen, der schleswig-holsteinschen und der hannöverschen Landgemeindeordnung, welch
letztere statt „Gemeindevertretung“ den Ausdruck „Gemeindeausschuß (Gemeinderat)“
braucht. Die westfälische Landgemeindeordnung dagegen nennt die zur Beschlußfassung
über Gemeindeangelegenheiten berufene Versammlung, ohne Rücksicht auf ihre Zusammen-
setzung, „Gemeindeversammlung“, desgleichen die rheinische Gemeindeordnung „Gemeinde-
oder Schöffenrat".5
1 L. G. O. w., §. 24;h., §. 45.
2 L. G. O. ö. u. schlesw.-bolst., §. 49. Hier
ist ohne weiteres mit der Bildung der Gemeinde-
vertretung vorzugehen, sobald die vom Gemeinde-
vorstand zu führende Liste der Stimmberechtig-
ten mehr als 40 nachweist. Eventuell ist die-
selbe von Aufsichts wegen anzuordnen. Wo eine
Gemeindevertretung bereits z. Z. der Emana=
tion der L. G. Ordugn. bestand, behält es dabei
nach §. 147, Abs. 1 derselben sein Bewenden.
Vgl. Ausf. Anw. IIIA, Nr. II, 1. — Der Be-
schluß des Kr. A. betr. die zwangsweise Ein-
führung der Gemeindevertretung ist durch Be-
schwerde gemäß §. 121 des L. V. G. anfechtbar.
2 Auch diejenigen G. Ordugn., welche Stadt
und Land im allgemeinen nach gleichen Grund-
sätzen behandeln, haben zum größten Teil für.
die Landgemeinden im Gegensatz zu den Städten
die Gemeindeversammlung in gewissem Um-
fange beibebalten. In Kurhessen sind nur
Lanbdgemeinden mit mehr als 50 stimmfähigen
Ortsbürgern zur Bestellung eines Gemeinde-
ausschusses verpflichtet, in kleineren kann die
Gemeindeversammlung an Stelle des Aus-
schusses oder auch nur der großen Ausschuß-
versammlung treten (G. O., §. 3). In Nassau
besteht nur in Landgemeinden mit mehr als
1500 Einwohnern notwendig ein Bürgeraus-
schuß, in kleineren kann er auf Antrag der Ge-
meinde mit Genehmigung des Kr. A. eingeführt
werden. (G. G., §. 26.) In Hobenzollern-
Sigmaringen, wo allgemein die Beschluß-
fassung der Gemeindeversammlung neben der
des Bürgerausschusses in gewissen Fällen er-
forderlich ist, tritt erstere in Gemeinden mit
weniger als 20 Bürgern ganz an die Stelle des
letzteren. ,
4 L. G. O. bann., §. 52. Ahnlich in den
Hohenzollernschen Gebietsteilen, wo
überall, selbst in den Städten, der Gemeinde-
versammlung eine gewisse Kompetenz neben
dem Bürgerausschuß gesetzlich vorbehalten ist.
Vgl. oben S. 100, Anm. 4.
5 L. G. O. ö. u. schlesw.-holst., §. 49; hann.,
§. 51; w., §. 24; rb., §. 44, Abf. 1 u. 2, u.
§. 45, Abf. 1.