Ortsgemeinden; das geltende Recht. (F. 51.)
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Stelle des Gemeindevorstandes, in anderen hat er den Gemeindevorsteher zu unterstützen
und seine Thätigkeit zu leiten, so besonders bei der Verwaltung der Einkünfte der
Gemeinde, bei Anweisung der auf dem Etat oder besonderen Gemeindebeschlüssen be-
ruhenden Einnahmen und Ausgaben und bei der Überwachung des Rechnungs= und
Kassenwesens. Soweit der Amtmann allein kompetent ist, ist der Gemeindevorsteher
Organ und Hilfsbehörde desselben. Überhaupt keine selbständige Stellung nimmt der
Gemeindevorsteher in der Rheinprovinz ein. Hier ist der Bürgermeister die Behörde,
welcher prinzipiell die Vertretung aller im Bürgermeistereibezirke belegenen Gemeinden
nach außen und die Verwaltung ihrer Angelegenheiten im Innern zukommt. Er hat die
Beschlüsse der einzelnen Gemeinderäte auszuführen und in allen Kommunalangelegenheiten
der Einzelgemeinden, welche nicht der Beschlußfassung ihrer Vertretungen vorbehalten
sind, Entscheidung zu treffen. Der Gemeindevorsteher ist hier nur das Organ des
Bürgermeisters, er hat nur nach dessen Anweisungen zu verfahren, und das Etats-,
Kassen= und Rechnungswesen darf ihm überhaupt nicht übertragen werden.?
II. Der Gemeindevorstand, bezw. in Westfalen er in Verbindung mit dem Amt-
mann und in der Rheinprovinz der Bürgermeister sind Obrigkeit und Verwaltungs-
behörde der Landgemeinde:
1) Als Obrigkeit ist er dazu berufen, Gesetze, Verordnungen und Verfügungen
der vorgesetzten Staatsbehörden durchzuführen und das gesamte Gemeinwesen zu
beaufsichtigen. Überall ist der Gemeindevorstand Organ der Ortspolizeibehörde. Er
hat das Recht und die Pflicht, da, wo die Erhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung
und Sicherheit ein sofortiges polizeiliches Einschreiten notwendig macht, das dazu Er-
forderliche vorläufig anzuordnen und ausführen zu lassen. Ihm liegt ferner besonders
ob, die vorläufige Festnahme und Verwahrung von Personen nach Maßgabe der Gesetze",
die Bewachung der unter Polizeiaufsicht stehenden und die Entgegennahme der gesetzlich
vorgeschriebenen Meldung neu anziehender Personen. In allen diesen Beziehungen ist
er unabhängig von der Gemeinde, an keine Mitwirkung der Vertretung derselben gebunden
und allein den Staatsbehörden verantwortlich.
2) Als Gemeindeverwaltungsbehörde hat der Gemeindevorsteher — in der Rhein-
provinz immer nur als Organ des Bürgermeisters — die Beschlüsse der Gemeinde-
versammlung (Gemeindevertretung) vorzubereiten und auszuführen, die Gemeindeanstalten
zu verwalten, oder die für sie besonders eingesetzten Verwaltungen zu beausfsichtigen, das
Eigentum der Gemeinde zu verwalten, ihre Rechte wahrzunehmen und ihre Akten und
Urkunden aufzubewahren.“
Der Gemeindevorsteher hat nach den Beschlüssen der Gemeindeversammlung die
Unterbeamten der Gemeinde anzustellen und zu beaufsichtigen, sofern nicht in den west-
lichen Provinzen der Amtmann bezw. der Bürgermeister zur selbständigen Ernennung
derselben kompetent ist.7
Der Gemeindevorsteher, in Westfalen er in Gemeinschaft mit dem Amtmann, in der
Rheinprovinz dagegen nur der Bürgermeister haben das Etats-, Kassen= und Rechnungs-
wesen der Gemeinde zu verwalten, die Gemeindeabgaben und Dienste nach den Gesetzen
und Beschlüssen auf die Verpflichteten zu verteilen und ihre Beitreibung zu bewirken.
Der Gemeindevorsteher, in der Rheinprovinz der Bürgermeister, hat den Willen
der Gemeinde auszuführen, sie nach außen zu vertreten und in ihrem Namen mit
1 L. G. O. w., 8 28, 31, 87, 43, 46, 48, verstusichen Freiheit v. 12. Febr. 1850 (G. S.,
5 u. 74—8.49 . 4 Kr. O. w., *. 29, Abs. 1.
2 L. G. O. rh. , ss 76 85. s. 8 z6. 8 ff. des Ges. über die Aufnahme ben
2 L. G. O. ö. u. är holst., 8. gs Abs. 4, anziehender Personen v. 31. Dez. 1842 (G. S
3. 1 268.899,u ul- , §. 41; Kr. O w. §. 29, 1843, S. 5).
Abs. 2; L. G. O v 2. 6r to . 54. G. V. z. u. schleew.-holst. §. 88, Z. 2,
hann. Ges. v. Sept. 1848 (hann. G. S., Zu. 6; w., 8. 41. Kr. O. w., §. 29. L. G. O.
S. 261), §. 20; 9. Sct un S. 69 ff.; Kr. O.
hann., 8§. 34, *1 nach dem letzten 8., 3. 5—8
hat der Gemeindevorsteher weitere Kompetenzen
als in den anderen Provinzen.
4 St. P. O. v. 1. Febr. 1877 (R. G. Bl., S.
250) §. 127, u. §. 6 des Ges. zum Schutze der
Schoen.
rh., §§. 76, 85, 88; hann., §. 40, dazu M. Bek.,
88. 31 u. 35.
7 F. 88, cit., Z. 5; L. G. O. w., §. 43; rh.,
8. 78.
s 8. 88, cit., Z. 8; L. G. O. w., §. 49; Kr. O.
w., §. 29, Abs. 1; L. G. O. rh., §§. 44, 76.
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