206 Zweiter Abschnitt. (8. 54.)
als solche für die vollständige und rechtzeitige Erfüllung der Leistungen selbst ver-
antwortlich und beschränkt sich nicht, wie bei den Friedensleistungen, darauf, nur die
Gemeindevorstände dafür haftbar zu machen, daß sie bei Durchführung der Requisition
die genügende Sorgfalt angewandt haben. Die Gemeinden als solche werden eventuell
zwangsweise von den Civilbehörden zu den ihnen obliegenden Leistungen herangezogen.
Die weiteren Rechtssätze über diese Leistungen an das Militär, die Schadensersatz-
ansprüche der Gemeinden u. s. w. sind hier nicht zu erörtern, sondern gehören ins Reichs-
militärrecht.
III. Eine kirchliche Bedeutungs kann den politischen Gemeinden heute nicht mehr
beigemessen werden. Die Unterhaltung der Kirchen erfolgt überall, soweit das Kirchen-
vermögen nicht reicht, durch den Patron und die Eingepfarrten, welche eine besondere
Kirchengemeinde bilden. Wohl können die Städte die Kirchengemeinden durch Geldmittel
unterstützen" oder auch die gesamten kirchlichen Lasten ihrer Angehörigen übernehmen ?,
eine gesetzliche Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen an die Kirchengemeinden besteht
für sie nur in den linksrheinischen Landesteilen.“ Besitzt die Stadt das Patrenat über
eine Kirche, wozu sie vermöge ihrer juristischen Persönlichkeit befähigt ist, so werden
die Rechte desselben vom Stadtvorstande' ausgeübt und die Lasten aus Gemeinde-
mitteln bestritten.
IV. Überhaupt nicht zum Wirkungskreise der Gemeinde gehören, wie bereits
erwähnt 8, diejenigen staatlichen Verwaltungsgeschäfte, deren Verrichtung einzelnen
Gemeindeorganen durch besonderen Auftrag übertragen wird. Ihrer soll hier nur
deshalb gedacht werden, weil sie in den meisten Gemeindegesetzen erwähnt sind, und
weil sie zur Vervollständigung des Bildes von der Thätigkeit der Gemeindebeamten
beitragen.
1). Im allgemeinen können nach den Vorschriften der Gemeindegesetze besonders der
Städteordnungen den Gemeindeorganen alle örtlichen Geschäfte der Kreis-, Bezirks-,
Provinzial= und allgemeinen Landesverwaltung, für welche nicht besondere Behörden
bestehen, übertragen werden, und zwar ist, abgesehen von Hannover, in den Städten
zunächst der Bürgermeister zur Übernahme dieser Geschäfte berufen. In den östlichen
Provinzen, in dem Geltungsbereiche der Städteordnung für den Regierungsbezirk
Wiesbaden, in Westfalen und in Frankfurt a. M. können die städtischen Behörden.
mit Genehmigung des Regierungspräsidenten einzelne dieser Geschäfte auch einem anderen
Magistratsmitgliede, in Schleswig-Holstein auch einem außerhalb des Stadtvorstandes
stehenden Gemeindebeamten übertragen; ohne den Willen der städtischen Behörden kann
der Regierungspräsident einen anderen als den Bürgermeister mit der Führung dieser
Geschäfte nur in letztgenannter Provinz betrauen. 11 In Hannover dagegen versieht
in den sogen. selbständigen Städten der Magistrat als Kollegium kraft gesetzlichen Auf-
trages, unter Leitung der vorgesetzten Regierungsbehörde, die örtlichen Geschäfte der
allgemeinen Landesverwaltung. 11 In den Landgemeinden hat naturgemäß der Gemeinde-
1 R. G. v. 1873, §. 5.
: Siehe darüber Laband, Deutsches St. R.,
II. S. 762—818, u. G. Meyer, Berw. R., II,
S. 147—167.
2 Leidig, S. 487; v. Möller, St., §§. 131
—133; L., §§. 106, 107.
Eingehende Vorschriften über die Verwen-
dung von Gemeindevermögen zu kirchlichen
Zwecken enthält G. G. nass., §. 34, Abs. 2.
5 O. V. G., XII, S. 155.
6# Ges. betr. die Verpflichtung zur Aufbringung
der Kosten für die kirchlichen Bedürfnisse der
Pfarrgemeinden in den Landesteilen des linken
Rheinufers v. 14. März 1845 (G. S., S. 163);
Ges. betr. die Bestreitung der Kosten für die
Bedürfnisse der Kirchengemeinden in den Landes-
teilen des linken Rheinufers v. 14. März 1880
(G. S., S. 225); O. V. G., XXII, S. 127.
* Vgl. oben S. 70 u. 122, Anm. 5.
6 Vgl. oben S. 200.
?"Leidig, S. 445; v. Möller, St., §§. 137,
143; L., §. 125; Steffenhagen, F§. 53.
10 St. O. ö., wiesb. u. w., §. 62; rh., §. 57;
frkf., §. 69; schlesw.-holst., §§. 89, 90; G. O.
kurh., §. 61; G. G. nass., 88. 18, 23.
11 St. O. hann., §§. 71, 72. Selbständige
Städte sind alle, in welchen die St. O. gilt,
mit Ausnahme von Wunstorf, Eldagsen, Neu-
stadt a. R., Münder, Pattensen, Bodenwerder,
Moringen, Burgdorf, Gifhorn, Winsen a. d. L.,
Lüchow, Dannenberg, Otterndorf, Quakenbrück,
Melle und Esens und derjenigen Gemeinden,
welche nach dem 1. April 1885 zur städtischen
Verfassung übergegangen sind oder noch über-
gehen. In diesen nicht selbständigen Städten
hat der Landrat die Wahrnehmung der Geschäfte