Ortsgemeinden; das geltende Recht. (8. 58.) 215
bestehender für absehbare Zeit erforderlich wird.! Ebenso wie die Substanz des Gemeinde-
vermögens dürfen mangels ausdrücklicher gesetzlicher Vorschriften auch die Erträge desselben
nicht zum Nutzen der einzelnen Gemeindeangehörigen verwendet werden. Eine solche
Ausnahmevorschrift enthält wiederum das nassauische Gemeindegesetz, indem es gestattet,
die Hälfte des nach Befriedigung der Gemeindebedürfnisse aus den Gemeindeeinkünften
noch verbleibenden Überschusses entweder zum Grundstockvermögen zu schlagen oder unter
die Gemeindebürger zu verteilen — sofern dies nicht die Erhebung von Gemeinde-
stenern in den nächsten Jahren voraussichtlich zur Folge hat, keine Schulden vorhanden sind,
und die andere Hälfte des Uberschusses für künftige größere Ausgaben zurückgelegt wird.
IV. Um eine dauernde Übersicht über alle Teile des Gemeindevermögens zu
ermöglichen, ist der Stadtvorstand nach den Städteordnungen? verpflichtet, ein Lagerbuch
zu führen, in welches die einzelnen Vermögensstücke“ einzutragen sind. Dieses Ver-
zeichnis ist stets auf dem Laufenden zu erhalten und unter Hervorhebung der in der
letzten Etatsperiode vorgekommenen Veränderungen den Stadtverordneten bei der Rech-
nungsabnahme zur Erklärung vorzulegen, bezw. in Hannover ihnen jederzeit zur Ein-
sicht offen zu halten. Ahnliche Vorschriften gelten für die Landgemeinden in der Rhein-
provinz; das Lagerbuch ist hier jedoch vom Bürgermeister, und zwar in zwei Exemplaren
zu führen, von denen das eine bei dem Gemeindevorsteher, das andere auf der Bürger-
meisterei aufbewahrt wird.“ Da, wo die Führung eines solchen Lagerbuches nicht gesetzlich
vorgeschrieben ist, kann sie natürlich beschlossen werden; sie empfiehlt sich besonders auch
in größeren Landgemeinden.“
8. 58.
) Die Verwaltung des Bürgervermögens (Gemeindegliedervermögens) insbesondere.
I. Das Bürgervermögen (Gemeindegliedervermögen, Allmenden, Gemeinheiten),
dessen Eigentum der Stadt, dessen Nutzungen den einzelnen Gemeindeangehörigen wegen
ihrer Zugehörigkeit zur Gemeinde zustehen, ist gleich dem Kämmereivermögen Gemeinde-
vermögen und daher nach den obenerwähnten Grundsätzen vom Gemeindevorstand unter,
in den einzelnen Gebietsteilen verschieden begrenzter, Mitwirkung der Gemeinde-
vertretung (Gemeindeversammlung) zu verwalten. Soweit Privatrechte nicht entgegen-
stehen, können überall durch übereinstimmenden Beschluß beider Gemeindeorgane und mit
Genehmigung des Bezirksausschusses (Kreisausschusses) Art und Maß der Nutzungen
des Bürgervermögens (Gemeindegliedervermögens) verändert, und es kann sogar bestimmt
werden, daß die Nutzungen überhaupt nicht mehr den Einzelnen, sondern der Gemeinde-
kasse zufließen sollen, daß also das Bürgervermögen (Gemeindegliedervermögen) in freies
1 L. G. O. ö. u. solesn. eholst., §. 69, Abs. 1.| selbe jederzeit einen klaren Überblick über den
: G. G. n ant. 8. 44 Vermögensbestand der Gemeinde gewähren soll,
St. O. ö., wiesb. u. w., §. 71; rh., §. 65; nur die wichtigeren Vermögensstücke aufgenom-
frkf., §. 78; schlesw.holst., l 19; hann., 8. 115. men werden. Es wird zweckmäßig sein, durch
Bgl. auch Leidig. S. 344; v. Möller, St.,Gemeindebeschluß eine erenne festzustellen,
§ 84; L., §. 59; Steffenhagen, F§. 119. nach der es sich richtet, ob ein Gegenstand in
* In Schleswig-Holstein brauchen nur
die unbeweglichen Vermögensstücke eingetragen
zu werden, in den übrigen Rechtsgebieten sind
auch die beweglichen in das Berzeichnis aufzu-
nehmen, besonders alle Gegenstände, die einen
aissenschaftlen, bistorischen oder Kunstwert
haben. M. Erl. v. 5. Nov. 1854 (V. M. Bl.
1855, S. 2). Ee Ergänzung muß das Lager-
buch durch die Inventarienverzeichnisse finden,
welche im Interesse der Ordnung von den
meisten Berwaltungen geführt werden und die
in den einzelnen Bureaus und Anstalten be-
findlichen Gegenstände ausnahmslos aufzuzählen
haben. In das Lagerbuch können, wenn das-
0 Lagerbuch besonders aufzunehmen ist oder
nicht.
L. G. O. rh.,
* Auef. Anw. *m * L. G. O. ö. u. schlesw.-
holst., C., 1: „Für größere Gemeinden empfiehlt
sich die Anlegung und regelmäßige Fortschreibung
eines Lagerbuches, in welches sowohl das unbe-
wegliche Vermögen (Grundstücke, Gebäude, Ge-
rechtigkeiten), als auch das bewegliche Eigentum
der Gemeinde (Forderungen, Bücher, Feuerlösch-
gerätschaften) einzutragen ist.“
7 Leidig, S. 211 ff.; v. Möller, St.,
§§. 77, 97; L., §§. 66, 67; Steffenhagen,
88. 10h, 124.