216 Zweiter Abschnitt.
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Kämmereivermögen (Gemeindevermögen) verwandelt werde. 1? Dagegen ist eine Auf-
teilung des Bürgervermögens (Gemeindegliedervermögens) zu Eigentum unter die bis-
herigen Nutzungsberechtigten ebenso wie beim Kämmereivermögen (Gemeindevermögen im
engeren Sinne) ausgeschlossen. Daher fällt auch, wenn zum Bürgervermögen (Gemeinde-
gliedervermögen) gehörende Berechtigungen den Gegenstand der Gemeinheitsteilung bilden,
die an Stelle derselben tretende Abfindung an die Gemeinde als solche, während die
berechtigten Gemeindeglieder oder Einwohner die Benutzung dieser Abfindung für die
Dauer ihrer Nutzungsrechte erhalten.
II. Die erste Voraussetzung für die Berechtigung zur Teilnahme an den Nutzungen
des Bürgervermögens (Gemeindegliedervermögens) ist allgemein der Besitz der Gemeinde-
mitgliedschaft und im Rechtsgebiete der alten geschlossenen Bürgergemeinde der Besitz
des Ortsbürger-, bezw. in Rurhessen wenigstens der des Beisitzerrechtes.“ Weitere
Voraussetzungen, von deren Erfüllung die thatsächliche Ausübung der Nutzungsberechtigung
abhängt, oder abhängig gemacht werden kann, sowie das Maß der dem Einzelnen
gewährten Nutzungen sind in den perschiedenen Gemeindegesetzen verschieden normiert:
In den alten Provinzens und in Frankfurt a. M. sind die Gemeindebehörden
in ihren Beschlußfassungen „über die Benutzung des Gemeindevermögens“ durch keine
gesetzlichen Vorschriften beschränkt, sie können daher auch beliebige Modalitäten und
Bedingungen für die Benutzung des Bürgervermögens feststellen, sie können z. B. einzelne
Klassen der Gemeindemitglieder, wie die Haus= oder Grundstücksbesitzer im Gemeinde-
bezirke für ausschließlich, oder doch in bevorzugtem Maße nutzungsberechtigt erklären.
In Schleswig-Holstein können die städtischen Kollegien nur das Maß der den
einzelnen Berechtigten zustehenden Nutzungen nach beliebigen Gesichtspunkten verschieden
festsetzen, nicht aber Gemeindemitglieder oder Klassen derselben überhaupt von der Nutzung
ausschließen, denn „alle Gemeindeangehörigen sind“ — nach ausdrücklicher Vorschrift
der schleswig-holsteinischen Städteordnung — „zZum Mitgenusse der Erträge des Stadt-
vermögens berechtigt“, und diese gesetzlich „den Gemeindemitgliedern zustehende Teilnahme
an den Gemeindenutzungen“ darf von keiner anderen Voraussetzung als von der Ent-
richtung eines Einkaufgeldes abhängig gemacht werden.“ In Hannover und Kur-
hessen', wo im einzelnen das Herkommen maßgebend sein soll, ist es gesetzlich anerkannt,
daß die Teilnahme an den Nutzungen des Bürgervermögens für die einzelnen Klassen
der Bürgerschaft verschieden geregelt sein kann, in Nassaus allein sollen alle Gemeinde-
bürger an den Nutzungen gleichen Anteil haben.?
G. O. kurh., §. 70 in Verbindung mit F§. 20;
1 Die Interessenten baben. kein Widerspruchs-
recht dagegen, O. V. G., 8.
2 St. O. ö. u. wiesb., #### w., 8. 48; rh.,
§. 45; schlesw.-holst., §. 20; G. G. frkf., ". 59;
. G. O. ö. u. schlesw., -kholst., §. 113; w., §. 51;
rh., 8. 88. Im Gebiete dieser Gesetze hat die
Gemeindevertretung über die Benutzung des
Bürgervermögens im einzelnen zu beschließen.
Nach der St. O. hann., §. 97, Z. 1; 7 . D.
bann., §. 41, Z. 4; G. O. kurh., 6S. 70,
Z. 11 (O. V. G., XXIV, S. 0) und dem G. .
nass., §. 31, Abj. 2 beschließt sie nur über Ab-
änderungen in der bestehenden Nutzungsart und
Umwandlung in Kämmereivermögen. — Die
Genehmigung des Bez. A. (Kr. A.) ist in St. O.
hann., L. G. O. hann. u. L. G. O. rh. nicht
vorgeschrieben, im brigen vgl. St. O. ö. u.
wiesb., §. 50, Z. 4; w., §. 49, Z. 4; rh., §. 46,
3 4; schlesw., holst., g. 71, 3. 4; G. G.
F. 60, Z. 4; G. O. kurh., §. 84" Z.
nass., S# 31, Abs. 2; L. G. O. ö. u. schlesw.=
bolst., §§. 114, 69, Abs. 3; w., §. 53, Abs. 1,
Z. 4; Zust. G., 88. 18, 160.
* Vgl. die Citate in Anm. 3, S. 214, und
Löning, S. 195, Text zu Anm. 3.
Gleich den Ortsbürgern selbst sind auch ihre
Witwen teilnahmeberechtigt. G. G. nass., §. 45;
St. O. hann., §. 15, Abs. 3, 8§. 20, 36, 37; nach
dem letzten §. ist es möglich, daß in Hannover
neben oder anstatt des Bürgervermögens noch
ein besonderes Gemeindevermögen bestebt, dessen
Nutzungen allen Einwobnern als solchen zugäng-
lich sind, vgl. Leidig, S. 212, Anm. 2, und
v. Brauchitsch, Ergzbd. f. Hannover (Berlin
1891), S. 90, Anm. 33
6 Dasselbe gilt für die Landgemeinden
Schleswig-Holsteins, vgl. L. G. O. schlesw.=
holst., §. 113, und für den Geltungsbereich der
St. O. wiesb.
" St. O. schlesw.-holst., §§. 5, 20, 21. Der
in §. 5 enthaltene Satz „und zum Mitgenusse
der Erträge des Stadtvermögens“ feblt in den
entsprechenden §8. der St. Ordugn. der alten.
Provinzen und des Gemeindeverfassungs-=
gesetzes für Frankfurt a. M.
7 St. O. hann., §. 20; G. O. kurh., §S. 70.
8s G. G. nass., §. 46
* Für die rheinischen Landgemeinden kann
der Grundsatz, daß die Rechte und Pflichten
aller Gemeindeglieder in der Gemeinde immer
gleiche seien, und daß auch durch Gemeinde-
beschluß eine Ungleichmäßigkeit der Teilnahme
an den Gemeindenutzungen nicht eingeführt