218 Zweiter Abschnitt. (. 59.)
durch staatliche Forstbehörden und -beamten! unter der Oberaufsicht des Regierungs-
präsidenten besorgt, und zwar in Verwaltungsbezirken, die je nach Lage der Waldungen
bald nur aus Kommunalwaldungen, bald aus solchen und Staatswaldungen gemein-
schaftlich gebildet sind. Als Gegenstände des technischen Betriebes sind anzusehen: die
Feststellung allgemeiner Betriebs= und Wirtschaftspläne zur Sicherung nachhaltiger
Nutzung, die Aufnahme, Feststellung und Sorge für Ausführung jährlicher Hauungen
und Kulturen, die Abnahme der Schläge und Überweisung der Erträge derselben, die
Anweisung etwa zulässiger Nebennutzungen. Die Ausführungen der Hauungen, Kulturen,
Forstverbesserungen u. s. w. ist Sache der Gemeinden, welche dabei die Bestimmungen
der Betriebsverwaltung zu befolgen haben. Rodungen und außerordentliche Holzhiebe
dürfen nur auf Grund eines von der Staatsbehörde genehmigten Gemeindebeschlusses
stattfinden. Vor Feststellung des Bewirtschaftungsplanes ist der Gemeindevorstand zu
hören und mit seinen Wünschen thunlichst zu berücksichtigen. Die Kosten der Betriebs-
verwaltung sind von den Gemeinden durch in verschiedener Weise sich bestimmende Bei-
träge zu ersetzen.
2) Das System der speziellen Staatsaufsicht gilt außer in einem kleinen Gebiete
Hannovers? in den altpreußischen Provinzen, und zwar in der Rheinprovinz
und Westfalen schon seit 1816, in den übrigen Provinzen, in welchen man früher
von einer intensiveren Einwirkung des Staates auf die Verwaltung der Gemeinde-
forsten Abstand nahm, erst seit dem Gesetz v. 14. Aug. 1876.3 Es beruht auf dem
Prinzipe, daß die Gemeinden ihre Waldungen zwar selbst verwalten und forstlich betreiben,
gleichzeitig aber durch eine weitgehende Staatsaufsicht eine unwirtschaftliche „das fort-
währende Beste der Korporation hintenan setzende“ Benutzung verhütet wird.“ Die
Benutzung soll sich stets in den Grenzen der Nachhaltigkeit bewegen; insbesondere soll
die Erhaltung der standortsgemäßen Holz= und Betriebsarten nie durch Nebennutzung
gefährdet und durch den Betrieb nie eine solche Gefahr herbeigeführt werden, zu deren
Abwendung die Anlage von Schutzwäldern nach dem Waldschutzgesetz v. 6. Juli 1875
erforderlich werden könnte.¾ Im einzelnen gelten folgende Vorschriften:
à) Die Bewirtschaftung hat in der Regel nach einem Betriebsplane zu erfolgen,
welcher von dem Regierungspräsidenten unter möglichster Berücksichtigung der wirtschaft-
lichen Bedürfnisse und Wünsche der Gemeinde festzustellen und mindestens alle zehn Jahre
zu revidieren und neu festzustellen ist.“ Erheblichere Abweichungen von diesem Plane,
Angabe der allgemeinsten Gesichtspunkte be- Holzungen in den Provinzen Preußen,
gnügen, jedes der zahlreichen hierher gehörigen
Gesetze enthält im einzelnen viele Sonder-
bestimmungen.
1 Das Forstschutzpersonal wird entweder von
der Staatsbehörde direkt angestellt, so z. B. in
Kurhessen (Vdg. v. 26. Nov. 1827) u. Nassau
(Edikt v. 9. Nov. 1816, §F. 9, auf Vorschlag des
Gemeindevorstandes) — oder, wie in Hannover,
vom Gemeindevorstand unter Bestätigung der
Staatsbehörde.
: In den Landgemeinden der Grasschaften
Hoya und Diepholz nach der Verwaltungsord-
nung v. 1. Sept. 1830 (hann. G. S., Abt. III,
S. 247) und in einzelnen Städten auf Grund
von Ortsstatuten.
* Vgl. Vdg. v. 24. Dez. 1816 betr. die Ver-
waltung der den Gemeinden und öffentlichen
Anstalten gehörigen Forsten in den Provinzen
Sachsen, Westfalen, Cleve, Berg und
Niederrhein (G. S., S. 1817, S. 57), dazu:
Kab. Ordre v. 12. Aug. 1839 (G. S., S. 266);
St. O. w., §. 54; rh., §. 51; Instruktion f. d.
Oberpräsidenten von Westfalen v. 19. Mai
1857 (B. M. Bl., S. 163). In Sachsen trat
dann an Stelle dieser Vdg. v. 1816 das Ges. v.
14. Aug. 1876, betr. die Verwaltung der den
Gemeinden und öffentlichen Anstalten gehörigen
Brandenburg, Pommern, Posen, Schle-
sien und Sachsen (G. S., S. 373). Bis
dahin hatte man sich in den östlichen Pro-
vinzen damit begnügt, den Regierungen zur
Pflicht zu machen, zur Veräuße #ung von
Gemeindeforstgrundstücken die Genehmigung in
der Regel zu versagen, auch die teilweise oder
völlige Ausholzung von Gemeindeforsten und
deren Verwandlung in Acker, Wiese oder Weide
nur dann zu genehmigen, wenn davon über-
wiegende dauernde Vorteile zu erwarten seien.
M. Erl. v. 9. Juli 1856 (V. M. Bl., S. 188).
Zum Ges. von 1876 vgl. die Ausf. Instr. v.
21. Juli 1877 (V. M. Bl., S. 259).
* Udg. v. 1816, S. 4.
5 Ees v. 1876, F. 2.
* Ges. v. 1876, §§. 3, 5; Vdg. v. 1816, §. 3.
Nach §. 3, Abs. 3 des Ges. v. 1876 genügt an-
statt förmlicher Wirtschaftspläne bei kleineren
Waldbeständen eine kurze Darstellung der Stand-
orts- und Betriebsverbältnisse sowie eine Angabe
über den Zeitpunkt des Abtriebes und über die
Art der Wiederkultur. Die Vdg. v. 1816, welche
überhaupt weniger eingehende Bestimmungen
enthält, sieht solche Ausnahmen wie auch perio-
dische Revisionen der Betriebspläne nicht vor.