Ortsgemeinden; das geltende Recht. (8. 60.) 221
S. 60.
2) Gewerbliche Unternehmungen.
Die Gemeinden können ebenso wie Privatpersonen Inhaber von gewerblichen Unter-
nehmungen sein, d. h. von Veranstaltungen, welche eine fortgesetzte, auf Erzielung von
Gewinn gerichtete Thätigkeit in sich schließen. Die Grundsätze, nach welchen sie diese
verwalten wollen, sind ihrer freien Entschließung überlassen, nur sind sie gesetzlich !
verpflichtet, das Anlagekapital regelrecht zu verzinsen und zu amortisieren?" und dafür
zu sorgen, daß durch die Einnahmen mindestens die gesamten durch das Unternehmen
der Gemeinde erwachsenden Ausgaben, einschließlich der gedachten Verzinsung und
Kapitalstilgung aufgebracht werden. Ausnahmen hiervon sind nur zugelassen, wenn.
die Unternehmung zugleich einem öffentlichen Interesse dient, welches anderenfalls nicht
befriedigt werden kann. Ob dies bei einem Unternehmen der Fall ist, wird nur in
concreto zu entscheiden sein, da die Grenze zwischen rein privatwirtschaftlichen Unter-
nehmungen und solchen von teilweise gemeinnützigem Charakter oft eine sehr flüssige ist.
Verstößt eine Gemeinde gegen diese ihr vorgeschriebenen Verwaltungsnormen, so kann
die Aufsichtsbehörde den Beschluß, auf welchen sich die abweichenden Verwaltungs-
maximen gründen, gemäß §. 15 des Zuständigkeitsgesetzes als einen gesetzwidrigen bean-
standen lassen, wogegen der Gemeindevertretung bezw. dem kollegialischen Gemeinde-
vorstande die Klage im Verwaltungsstreitverfahren zusteht.
B. Die ordentlichen öffentlich--rechtlichen Einnahmen.“
1) Die Einnahmen auf Grund der Finanzgewalt.
a) Die geschichtliche Entwickelung des Gemeindeabgabenwesens.
Vorbemerkung: Es ist oben in dem von der Entwickelung der Gemeindeverfassungen
handelnden Abschnitte dieses Buches absichtlich vermieden worden, auf die Ausbildung der gemeind-
lichen Finanzhoheit einzugehen, einmal, um die Schilderung der organisatorischen Verhältnisse der
Gemeinden nicht durch Mitteilung von Sätzen aus dem materiellen Finanzrecht zu unterbrechen,
1 K. A. G., §. 3.
2 A. H., Komm. Prot. z. K. A. G., XIXXI,
S. 2.
* Zu den gewerblichen Unternehmungen der
Gemeinden Fehüren besonders Gasanstalten
(DO. B. G., XX, S. 22), elektrische Beleuchtungs-
anlagen, Bahnen aller Art, wie vornehmlich
Pferdebahnen, Vorortsbahnen und andere Klein-
bahnen; bei Wasserleitungen wird es quaestio
facti sein, ob das privatwirtschaftliche oder das
gemeinnützige Interesse überwiegt. Komm. Ber.
des A. H. z. K. A. G., S. 2412 ff.
* Litteratur: Das Gemeindeabgabenwesen und
im speziellen das Gemeindebesteuerungsrecht
hat zahlreiche wissenschaftliche Bearbeitungen er-
fahren, die meisten derselben vermischen mit
den finanzrechtlichen finanzwirtschaftliche
Betrachtungen. Geringer ist die Zahl der
Schriften, welche auf rein verwaltungsrecht-
lichem Standpunkte stehen; es sind dies nur
die auf die neuere preußische Gesetzgebung be-
züglichen Aufsätze und Kommentare. Beson-
ders sind zu nennen: Zeumer, Die deutschen
Städtesteuern, insbesondere die städtischen Reichs-
steuern im 12. u. 13. Jahrh., in Schmollers
Staats= und sozialwissenschaftlichen Forschungen,
1 (Leipzig 1878). — Faucher, Staats= und
Kommunalbudgets, in der Vierteljahrsschrift für
Volkswirtschaft u. Kulturgeschichte, II, S. 184.—
Braun, Staats= und Gemeindesteuern, daselbst,
XIV, S.1 ff. — Rob. Friedberg, Die Besteue-
rung der Gemeinden (Berlin 1877).— Wagner,
Die Kommunalsteuerfrage (Leipzig 1878). —
Die Kommunnalsteuerfrage, Zehn Gutachten
und Berichte veröffentlicht vom Verein
für Sozialpolitik in seinen Schriften, XII
(Leipzig 1877). — Fr. J. Neumann, Die
brogiessior Einkommensteuer im Staats= und
Gemeindehaushalt (Leipzig 1874). — Derselbe,
Ertrags= und persönliche Steuern (Freiburg
1876). — Derselbe, Die Steuer und das öffent-
liche Interesse (Leipzig 1887). — Derselbe, Die
Kommunalsteuerfrage, in Schmollers Jahrb.
f. Gesetzgebung u. s. w., N. F., 1 (1877). —
v. Bilinski, Die Gemeindebesteuerung und
deren Reform (Leipzig 1878). — Gneist, Die
preußische Finanzreform durch Regulierung der
Gemeindesteuern (Berlin 1881). — Schmitz,