Ortsgemeinden; das geltende Recht. (F. 61.) 223
Ständen gezahlt wurden, die aber schon früh den Charakter einer ein für allemal fest-
stehenden Landessteuer annahmen und dann ohne besondere Bewilligung in bestimmten
Beträgen erhoben wurden, lasteten auf den Städten — bisweilen, jedoch selten, auch auf
den Landgemeinden — als solchen als eine Gemeindelast. Die Gesamtheit der Bürger
hatte für sie aufzukommen. Der Rat war berufen, die Beden aufzubringen, die auf die
Stadt entfallende Summe auf die Gemeindeangehörigen unterzuverteilen und von den
einzelnen Gemeindeangehörigen die für sie festgestellten Beträge einzutreiben.) So ent-
stand das Besteuerungsrecht des Rates über die Gemeindeangehörigen. Zunächst wurde
es ihm verliehen, um es im Interesse des Landesherrn oder des städtischen Ober-
herrn geltend zu machen, dann wurde er „bei dringenden Gelegenheiten“ ermächtigt,
auch im rein städtischen Interesse, für „Befestigung der Stadt“, für „der Städte Bau“
bestimmte oder ad libitum ihm zweckmäßig erscheinende Steuern zu erheben, und schließ-
lich gelang es den Räten, sich in der Ausübung dieses Besteuerungsrechtes völlig unab-
hängig zu stellen.* Einziger, aber hinreichender Grund für die Erhebung dieser Ab-
gaben war das Bedürfnis der Stadt; einziger, aber hinreichender Grund für die Ver-
pflichtung zur Zahlung derselben war die Zugehörigkeit zur Markgemeinschaft. Ursprünglich
waren alle Stadtmarkgenossen, d. h. alle Bürger, aber auch nur die Bürger steuerpflichtig.
Gab es keinen anderen Rechtstitel als das Bürgerrecht, auf Grund dessen jemand der
städtischen Besteuerungsgewalt unterworfen werden konnte, so gab es andererseits auch
keine Steuerprivilegien. Die in das Bürgerrecht ausgenommenen Edelleute und Geist-
lichen mußten ursprünglich ebenso steuern wie die anderen Bürger; erst später erlangten
sie Steuerfreiheit.“ Die nicht in das Bürgerrecht ausgenommenen Einwohner der
Städte dagegen, die Beisassen, waren ursprünglich steuerfrei; wohl entrichteten sie als
Schutzverwandte der Stadt ein Schutz= oder Schirmgeld, bisweilen auch eine grund-
herrliche Abgabe, nicht aber Steuern; sie wurden erst nach und nach zu den Gemeinde-
abgaben herangezogen. So entwickelte sich der moderne Begriff der Steuer in den
Städten früher als im Staate. Während der Staat Leistungen von seinen Unterthanen
noch auf Grund privatrechtlicher Titel, Bitte und Versprechen, bezog, erhoben die städtischen
Gemeinwesen schon Zwangsbeiträge von ihren Mitgliedern.
Diese Steuern wurden anfangs gleich den staatlichen Abgaben nicht regelmäßig
erhoben, sondern nur bei eintretendem Bedürfnis. Mit der Zunahme desselben ver-
wandelten sich die außerordentlichen Steuern überall in ständige 3, neben welchen in be-
sonderen Fällen noch Not= oder Zusatzsteuern erhoben wurden. Auch bestanden die
steuerlichen Abgaben ursprünglich vielfach nicht in Geldleistungen, sondern wurden in
Naturalien entrichtet.“
Lange Zeit hindurch lasteten die städtischen Steuern ebenso wie die landesherrlichen
Beden vorwiegend auf dem Grundbesitz — sie waren Grundsteuern.? Erst später,
besonders seit dem 13. Jahrhundert wurde das Mobiliarvermögen" oder auch die Person
jedes Einzelnen, ohne Rücksicht auf das Vermögen, der städtischen Besteuerung unter-
worfen. Diese neueren Steuern waren dann entweder Vermögenssteuern, so das
Geschoß oder Eidgeschoß in den schlesischen, das Pfundgeschoß in den märkischen Städten?,
oder es waren Kopfsteuern, so besonders das sogen. Hauptgeld in den märkischen
Gemeinden. 10 Die Feststellung des Vermögens, welche mit erheblichen Schwierigkeiten
1 Schröder, Deutsche Rechtsgeschichte, S.
596; Zimmermann, Bersuch einer historischen.
Entwickelung der märkischen Städteverfassungen
(3 Bde., Berlin 1837—40), I, S. 250, 252 ff., 300.
: Zimmermann, 1, S. 277, 280 ff., 249;
III. S. 74.
* Zimmermann, I, S. 300; Tzschoppe
und Stenzel, Urkb., S. 260; Ennen, Gesch.
d. Stadt Köln, II, S. 320, 419 ff.
* Zimmermann, I, S. 280 ff., 288;
Tzschoppe und Stenzel, Urkb., S. 445, Urk.
f. Glogau v. 1302, §. Sz v. Maurer, Gesch.
der Städteverfassung (Erlangen 1870), II,
S. 863 ff.
* Zimmermann, I, S. 283; Tzschoppe
und Stenzel, Urkb., S. 261.
* Zimmermann, I, S. 283; Riedel,
C. D., II, S. 117.
7 Zimmermann, I, S. 277; v. Maurer,
II, S. 851.
s8 Zimmermann, I, S. 278, 246, 282, 296.
* Vgl. z. B. betreffs der Städte Görlitz, Bres-
lau und Schweidnitz Tzschoppe und Stenzel,
Urkb., S. 261, auch S. 525, 260, 263; betreffs
der märkischen Städte Zimmermann, I,
S. 283, 300; auch in Halle wurde ein Eid-
geschoß erhoben, v. Maurer, II, S. 853.
16 Zimmermann, I, S. 281, 301; Gercken,