228 Zweiter Abschnitt. (8. 61.)
wie auch in besonderen, ihrer Art nach nicht näher bezeichneten direkten oder indirekten
Steuern bestehen. Die Genehmigung der Aufsichtsbehörde ist erforderlich für die letzt-
gedachten besonderen direkten oder indirekten Gemeindesteuern, für die Zuschläge zur
klassifizierten Einkommensteuer und für Zuschläge zu den übrigen direkten Staatssteuern,
wenn der Zuschlag 50 Prozent der Staatssteuern übersteigen oder nicht nach gleichen
Sätzen auf die einzelnen Staatssteuern verteilt werden soll, und endlich für alle Zuschläge
zu indirekten Staatssteuern. Der Verteilung der Gemeindedienste ist der Maßstab der
Gemeindeabgaben und, falls solche nicht erhoben werden, der Maßstab der direkten
Staatssteuern zu Grunde zu legen. Im übrigen regelt die Städteordnung, im wesent-
lichen im Anschluß an die bereits bestehenden Bestimmungen, die Steuerpflicht der Militär-
personen, Beamten, Geistlichen u. s. w., der Dienst-, der zum öffentlichen Gebrauche
bestimmten Grundstücke und der Waldungen. Wegen der Erhebung von Gebühren end-
lich, welche nach Art. 102 der Verfassungsurkunde nur auf Grund eines Gesetzes erfolgen
darf, hat die Städteordnung nur bezüglich des Eintritts-, Einzugs= und Hausstands-
geldes Bestimmungen getroffen.
Diese Vorschriften der Städteordnung wurden teilweise — soweit sie sich auf die
Aufbringung der Gemeindesteuern beziehen (§. 53) — durch Gesetz v. 31. Mai 1853
auf die ihr Steuerwesen im übrigen autonomisch regelnden Städte Neuvorpommerns
und Rügens angewandt, in vollem Umfange aber 1856 in die Städteordnungen der
beiden westlichen Provinzen aufgenommen. So war das Abgabenwesen in den
Städten der alten Provinzen grundsätzlich übereinstimmend geregelt, wie es bis in
die neueste Zeit bestanden hat. Wesentlichere Abänderungen erfuhr es eigentlich nur
im Jahre 1867 bezüglich des Gebührenwesens durch das Gesetz betreffend die Aufhebung
der Einzugsgelder und gleichartiger Kommunalabgaben v. 2. März 1867 (G. S., S. 361),
bezüglich der Erhebung indirekter Abgaben durch Art. 5 des Zollvereinsvertrages v. 8. Juli
1867 1 (B. G. Bl., S. 81) und bezüglich der Besteuerung neu anziehender Personen
durch §. 8 des Freizügigkeitsgesetzes v. 1. Nov. 1867 (B. G. Bl., S. 55); alle späteren,
vor dem Jahre 1885 ergangenen Gesetze, wie das Gesetz betreffend die Erhebung von
Marktstandsgeld v. 26. April 1872 (G. S., S. 513), das die staatliche Mahl= und
Schlachtsteuer aufhebende und nur in beschränktem Umfange die Weitererhebung einer
kommunalen Schlachtsteuer gestattende Gesetz v 25. Mai 1873 (G. S., S. 222), das
Baufluchtliniengesetz v. 2. Juli 1875 (G. S., S. 561) und das Gesetz über die Wander-
lagersteuer v. 27. Febr. 1880 (G. S., S. 114 haben das alte Kommunalabgabensystem
nur unwesentlich berührt oder ergänzr.
II. Die Landgemeinden. In den Landgemeinden entwickelte sich das Abgaben-
wesen erst später und auch da viel unvollkommener als in den Städten; die Bedürfnisse
der ländlichen Gemeindeverwaltung waren verhältnismäßig sehr geringe, beruhte sie doch
bis zum Ausgange des 18. Jahrhunderts vorwiegend auf der Naturalwirtschaft. Einen
großen Teil der Kommunallasten trug hier die Gutsherrschaft, den Rest trugen die an-
sässigen Bauern; das Herkommen bestimmte die Art der Lastenverteilung unter ihnen, und
nach diesem war gewöhnlich die Größe des Grundbesitzes und der Anteil an den Gemeinde-
nutzungen maßgebend. An diese Verhältnisse knüpft das Allgemeine Landrecht an.? Nach
ihm sollen über die gemeinen Lasten in den Dörfern zunächst „Verträge oder hergebrachte
Gewohnheit“ entscheiden, subsidiär ordnet es an: „Die baren Geldausgaben werden in
der Regel nach dem Verhältnisse der landesherrlichen Steuern aufgebracht.“ „Die
Leistung der gemeinen Spanndienste geschieht nach Verhältnis der Klassen, in welche die
bespannten Ackerbesitzer, als Vierspänner, Dreispänner, Zweispänner u. s. w. an jedem
Orte eingeteilt werden.“ Die Leistung der Handdienste hat prinzipiell von allen
angesseeten drk nicht belastet werden. St. O.
S., §. .
I Über den Einfluß des Zollvereinsvertrages
auf das Gemeindeabgabengesetz g. Fehr.
v. Stengel, Inwieweit sind die Gemeinden
hinsichtlich der Einführung indirekter Gemeinde-
steuern durch die Vorschriften des Art. 5, II,
g. 7 des Zollvereinsvertrages v. 8. Juli 1867
Seo (in der Ztschr. „Selbstverwaltung“,
ahrg. 1
1 Die oben S. 225 erwähnte Berordnung
betr. das Kollektenwesen v. 4. Sept. 1738 fand
mit geringen Modifikationen auch auf die Dorfs-
gemeinden Anwendung, hatte für diese jedoch
lange nicht die Bedeutung wie für die Städte.