252 Zweiter Abschnitt. (8. 66.)
der Gebühren für die Schlachthausbenutzung und der Gebühren für die Untersuchung
des nicht in öffentlichen Schlachthäusern ausgeschlachteten Fleisches, welche früher in
den Selbstkosten der Gemeinden ihre Grenze fand, zu Gunsten der Gemeinden wesent—
liche Erweiterungen erfahren:
Für die Schlachthausbenutzung dürfen Gebühren bis zu einer solchen Höhe erhoben
werden, daß durch ihr jährliches Aufkommen die Kosten der Unterhaltung der Anlage
und des Betriebes, sowie ein Betrag von 8 Prozent des Anlagekapitals und der etwa
gezahlten Entschädigungssumme gedeckt werden. In denjenigen Städten jedoch, in denen
Verbrauchssteuern auf Fleisch zur Erhebung kommen, dürfen die Benutzungsgebühren
nur bis zu einer solchen Höhe erhoben werden, daß durch ihr jährliches Aufkommen
außer den Unterhaltungs= und Betriebskosten ein Betrag von 5 Prozent des Anlage-
kapitals und der Entschädigungssumme gedeckt wird.
Die Gebühren für die Untersuchung des nicht in öffentlichen Schlachthäusern aus-
geschlachteten Fleisches (Art. 1, §. 2, Z. 2 und 3 des Gesetzes v. 9. März 1881) können
in einer den Gebühren für die Schlachthausbenutzung entsprechenden Höhe bemessen
werden.?
IV. Alle Gebühren sind beitreibbar im Verwaltungszwangsverfahren nach Maß-
gabe der Verordnung v. 7. Sept. 1879 (G. S., S. 591).3 Betreffs der Rechtsmittel,
der Nachforderungen und Verjährungen vgl. unten §§. 88 und 89.
F. 66.
8) Die Bürgerrechtsgelder, Einkaufsgelder und Kurtaxen
sind öffentlich-rechtliche gebührenartige Einnahmen, welche jedoch in vielen Beziehungen
unter anderen Rechtsvorschriften als die eigentlichen, im vorigen §. behandelten Gebühren
stehen und daher eine besondere Erörterung verlangen. Das Kommunalabgabengesetz
hat sich nur mit den Kurtaxen beschäftigt, die in den einzelnen Gemeindeordnungen ent-
haltenen Bestimmungen über Bürgerrechts-, Einkaufsgelder und ähnliche Abgaben dagegen
unberührt gelassen.“
I. Das Bürgerrechtsgeld 5, welches nur in Städten zur Hebung gelangt, hatte
früher allgemein unzweifelhaft den Charakter einer Verwaltungsgebühr, die eine Gegen-
leistung bildete für die Aufnahme in den Bürgerverband.! Heute hat es diesen nur
noch in denjenigen Gebietsteilen, in welchen eine geschlossene Bürgergemeinde besteht,
denn nur hier findet noch eine besondere Bürgeraufnahme durch den Gemeindevorstand
statt. In den übrigen Landesteilen hat diese Abgabe dagegen mit der Auflösung der
Bürgergenossenschaft und der Anerkennung der reinen Einwohnergemeinde einen steuer-
lichen Charakter angenommen, indem sie hier bei dem unter gewissen Voraussetzungen
1 Nach §F. 7 d. Ges. v. 18. März 1868 und
Art. 2 des Ges. v. 9. März 1881 haben die
Gemeinden, welche ein öffentliches Schlachthaus
errichten, den Eigentümern und Nutzungsberech-
tigten der in dem Gemeindebezirke vorhandenen
Privatschlachtanstalten für den erweislichen wirk-
lichen Schaden, welchen sie dadurch erleiden, daß
die zum Schlachtbetriebe dienenden Gebäude und
Einrichtungen infolge der nach §. 1 des Ges.
von 1868 getroffenen Anordnung (daß nämlich
innerbalb des Gemeindebezirkes hinfort nur im
Schlachthause geschlachtet werden darf) ibrer Be-
stimmung entzogen werden, Ersatz zu leisten.
2 Wegen der Gebühren für die Untersuchung
des im Schlachthause ausgeschlachteten Fleisches
behält es bei der Vorschrift des §. 5, Z. 1 des
Ges. von 1868 sein Bewenden, nach welcher die
Tarifsätze so zu bemessen sind, daß die für die
Untersuchung zu entrichtenden Gebühren die
Kosten dieser Untersuchung nicht übersteigen.
2 K. A. G., 8. 90, Abs. 1.
K. A. G., 8. 96, Abs. 7.
5 Leidig, S. 223; v. Möller, St., §. 96;
Steffenhagen, Ss. 27, 124; Koslick, Das
Bürgerrecht in den preußischen Provinzen Bran-
denburg, Pommern u. s. w. (Berlin 1888).
* Auch die G. O. kurh. (&. 31) gestattet nur
den Städten die Erhebung dieser Abgabe. Anders
das G. G. nass. (§§. 84, 85), welches auch bier
keinen Unterschied zwischen Stadt= und Land-
gemeinden macht.
7 Altere historische Nachweisungen bei v. Man-
rer, Geschichte der Städteverfassung, II (Er-
langen 1870), S. 755 ff.