Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

254 Zweiter Abschnitt. (F. 66.) 
Grunde zum Erwerbe desselben verpflichteten Kirchen= und Schuldienern verliehen werden, 
sofern sie im Stadtbezirke wohnen, dauernd und ohne Vorbehalt der Kündigung angestellt 
sind und auf die Teilnahme an den Gemeindenutzungen verzichten; tritt bei diesen 
Personen später ein Verhältnis ein, welches sie zum Erwerbe des Bürgerrechts ver- 
pflichten würde, oder wollen sie an den Gemeindenutzungen teilnehmen, so haben sie die 
Gebühr nachträglich zu entrichten. 
Im Zusammenhang mit dem Bürgergewinngelde steht das auch in anderen Rechts- 
gebieten mit geschlossener Bürgergemeinde vorkommende Bürgerrekognitionsgeld?, 
durch dessen jährliche Zahlung man sich das Bürgerrecht in einer Stadt auch nach dem 
Wegzuge aus dem Stadtgebiete erhalten kann. Der Charakter dieser Abgabe als Gebübr 
ist sehr zweifelhaft, da ihr einmal keine Gegenleistung seitens der Stadt entspricht, die 
Stadt aber die geschuldete Abgabe auch nicht wie das Bürgerrechtsgeld beitreiben kann, 
vielmehr nur das Recht hat, wenn die Zahlung derselben drei Jahre hindurch unter- 
lassen ist, den Säumigen des Bürgerrechts für verlustig zu erklären. 
3) Hinsichtlich der Verjährung findet das Gesetz über die Verjährungsfristen bei 
öffentlichen Abgaben v. 18. Juni 1840 (G. S., S. 140) Anwendung, in den alten 
Provinzen, im Geltungsbereiche der Städteordnung für den Regierungsbezirk Wies- 
baden und in Frankfurt a. M. jedoch mit der Maßgabe, daß nicht zur Hebung 
gestellte Bürgerrechtsgelder erst in zwei Jahren nach Ablauf desjenigen Jahres, in 
welchem die Zahlungsverbindlichkeit entstanden ist, verjähren. 
Beschwerden und Einsprüche, betreffend die Verpflichtung zur Zahlung des Bürger- 
rechtsgeldes überhaupt oder doch in der geforderten Höhe, sind in den Rechtsgebieten 
der Einwohnergemeinde innerhalb drei Monaten nach Bekanntmachung der Heranziehung 
an den Stadtvorstand zu richten, gegen dessen Beschluß die Klage im Verwaltungs- 
streitverfahren stattfindet; in den Rechtsgebieten der geschlossenen Bürgergemeinde gehen 
sie dagegen an die Stadtvertretung, gegen deren Beschluß sowohl dem Beschwerdeführer 
wie dem Stadtvorstande die Klage im Verwaltungsstreitverfahren offen steht.“ 
II. Das Einkaufsgelds, welches für die Berechtigung zur Teilnahme an den 
Gemeindenutzungen zu zahlen ist und sich besonders im Rechtsgebiete der Einwohner= 
1 St. O. hann., §. 28, vgl. auch §. 29. 
: St. O. hann., §. 33. die Abgabe ist durch 
das Ortsstatut festzusetzen. Die im Text mit- 
geteilten Rechtssätze gelten auch in Kurbessen, 
G. O., §. 30; die Gebühr darf hier jährlich 
höchstens 3 Mark betragen. 
2 Das Ges. v. 18. Juni 1840 ist auf die 
neuerworbenen Landesteile durch Ges. v. 12. April 
1882 (G. S., S. 297) ausgedehnt. Die hier 
in Betracht kommenden Bestimmungen des Ges. 
von 1840 über die Verjäbrungen (§. 8) sind in 
den §. 88 des K. A. G. übergegangen und wer- 
den daher unten §. 89 zur Darstellung gebracht. 
Der §. 8 ist für die im Text angeführten Gebiete 
modifiziert durch Ges. v. 14. Mai 1860, §. 9; 
St. O. wiesb., §. 52, Abs. 6; G. G. frkf., §. 16. 
Diese Scheidung muß gegenüber Leidig 
(S. 226, Anm. 3), welcher durchweg das letzte 
Verfahren angewandt wissen will, aufrecht er- 
halten werden. Abgesehen davon, daß die Bürger- 
rechtsgelder im Gebiete der Einwohnergemeinde 
einfache steuerliche Abgaben sind, die mangels 
besonderer Bestimmung — F§. 10, Z. 1 des 
Zust. G. enthält eine solche nicht, denn es 
erwähnt diese Bürgerrechtsgelder gar nicht — 
nach §. 18 des Zust. G. anzufechten sind, ist 
dies in der St. O. wiesb., die lediglich die 
St. O. von 1853 in neuer Fassung wiedergiebt, 
noch ausdrücklich gesagt. In §. 52, Abs. 7 ver- 
weist dieselbe bezüglich der Beschwerden und Ein- 
sprüche auf 8. 4, Abs. 10—12 u. 14; hier ist 
  
  
aber lediglich §. 18 des Zust. G. wiedergegeben, 
zu welchem zu vgl. ist v. Brauchitsch, I, 
S. 220, Anm. 52, Abs. 2, und die Entsch. des 
O. V. G. im Pr. V. Bl., VI, S. 237. — Der 
§. 10, Z. 1 des Zust. G. spricht nur von „Bürger- 
gewinngeldern“ und meint damit, wie es schon im 
Worte liegt, Gelder, welche für, d. h. zum Zwecke 
der Gewinnung des Bürgerrechts zu zahlen sind, 
nicht aber Abgaben, welche nur gelegentlich des 
Erwerbes des Bürgerrechts fällig werden. Er 
bezieht sich also nur auf die Bürgerrechtsgelder 
im alten Sinne, wie sie nur noch in Hannover 
und in den hessischen Gebietsteilen be- 
stehen. Die Anwendung des §. 10, Z. 1 noch 
weiter, nämlich nur auf Hannover zu be- 
schränken, weil nur hier die Bürgerrechtsgelder 
die offizielle Bezeichnung „Bürgergewinngelder“ 
führen (so wohl v. Brauchitsch, L, S. 203, 
Abs. 1, am Ende), scheint mir unzulässig, denn die 
in Kurhessen und Nassau erhobenen Bürger- 
rechtsgelder haben genau denselben Rechtscharak- 
ter wie die hannöverschen. Die rein äußerliche 
Verschiedenheit der Benennung kann eine ab- 
weichende Behandlung derselben nicht rechtfertigen. 
Demselben Anfechtungsverfahren, wie diese 
Bürgergewinngelder, unterliegt nach ausdrück- 
licher Vorschrift des Gesetzes die schlesw. -holst. 
Ausfertigungsgebühr. Vgl. auch Koslick, a. a. 
O., und Ortel, S. 228, Anm. 3. 
6 Veidis, S. 212; v. Möller, St., J. 97; 
, §. 78.
	        
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