Ortsgemeinben; das geltende Recht. (8. 66.) 255
emeinde entwickelt hat 1, ist eine Art Benutzungsgebühr.“ Es soll ein entsprechendes
quivalent für die den Einzelnen aus der Nutzung erwachsenden besonderen Vorteile
sein.? Es darf daher nicht von denjenigen erhoben werden, welche auf die Teilnahme
an den Gemeindenutzungen verzichten, und auch nicht für die Aneignung bloß allgemeiner
Vorteile des Gemeindeverbandes, wie für die Benutzung der Kranken-, Armenanstalten,
der öffentlichen Brunnen u. s. w.; diese bieten keine besonderen Vorteile, denn jeder
erhält schon durch seine Niederlassung im Orte das Recht „zur Mitbenutzung der öffent-
lichen Gemeindeanstalten“."“ Den alleinigen Maßstab für die Höhe und etwaige Ab-
stufungen des Einkaufsgeldes soll der Wert der Nutzungen bilden, während subjektive
Momente, wie Unterscheidungen zwischen Einheimischen und Fremden? oder zwischen
Männern und Frauen nicht maßgebend sein dürfen.“
Das Einkaufsgeld kann überall von den Pflichtigen eventuell im Verwaltungs-
zwangsverfahren beigetrieben werden. Hinsichtlich der Verjährung, der Beschwerden und
Einsprüche untersteht es denselben Rechtsvorschriften wie das Bürgerrechtsgeld in den
alten Provinzen.
1 St. O. ö., §. 52; w., §. 51; rh., §. 48;
G. G. frkf., §. 61; St. O. schlesw.-holst., 5§. 21,
84; wiesb., §. 52; Ges. v. 14. Mai 1860
(G. S., S. 237), 88. 2, 8, 9; L. G. O. ö. u.
schlesw.--holst., §§. 72, 73; w., §. 56; dazu Ges.
v. 24. Juni 1861 (G. S., S. 446); L. G. O.
rh., §. 18: dazu Instr. v. 15. Nov. 1847 (V.
M. Bl., S. 310); K. A. G., §. 96, Abs. 7.
In Hannover nimmt das Bürgergewinn-
geld den Charakter eines Einkaufsgeldes an,
wenn es von Personen gefordert wird, welchen
das Bürgerrecht unentgeltlich verliehen ist, sobald
sie an den Gemeindenutzungen teilnehmen wollen.
St. O. hann., §. 28, Abs. 2, u. §. 29, Abs. 2 u. Z.
In Kurbessen kann nur von Fremden, die zu
Bürgern ausgenommen werden, nicht von solchen,
die ihr angeborenes Bürgerrecht antreten, ein
Einkaufsgeld für die Teilnahme an den Ge-
meindenutzungen erhoben werden; dasselbe ist
zwischen dem fünf= und zehnfachen Betrage der
dem neuen Bürger nach durchschnittlichem An-
schlage in einem Jahre zu gute kommenden be-
sonderen Nutzung statutarisch festzusetzen. G. O.
kurh., §. 24. Dieser §. ist keineswegs, wie
Backoffner (S. 182, Anm. '“°) annimmt, ob-
solet geworden; vgl. Althaus, S. 38, und auch
die analoge Verhältnisse in den rheinischen Land-
Fneinden betreffende Entsch. des O. V. G.,
„ S. 131, besonders S. 140—141. Auch
darf in Kurhessen ein Einkaufsgeld überhaupt
nicht erboben werden, wenn es sich um Nutzun-
gen handelt, die für sich erworben werden müssen,
oder Zubehör eines Hofes, Gutes oder Wohn-
bauses sind. G. O., §. 24; O. V. G., XXIV,
S. 90. Betreffs Nassau ogl. G. G. nass.,
§. 86, Abf. 3.
: So auch Löning, S. 191; v. Stengel,
Berwaltungsrecht, S. 127, und die Ausf. Anw.
zur L. G. O. ö., IIIB, VII, 1, Abs. 2. And. Ans.
Leidig und v. Möller; beide halten das Ein-
kaufsgeld für ein privatrechtliches Entgelt, Lei-
dig, ohne Angabe von Gründen, v. Möller,
weil die Abgabe nur von dem zu zahlen sei,
welcher an den Nutzungen teilnehmen will, diese
Teilnahme aber der freien Entschließung eines
jeden überlassen sei, und weil die allgemeinen
Abgabenbefreiungen z. B. für Beamten beim
Einkaufsgelde nicht Platz griffen. Beide Gründe
find nicht stichhaltig. Zum Begriff der Be-
nutzungsgebühr im Sinne des K. A. G. gehört
nicht, daß ein Zwang zur Benutzung der betr.
Institution besteht, auch finden überhaupt beie
Gebühren die allgemeinen Abgabenbefreiungen
keine Anwendung. Für die Eigenschaft des Ein-
kaufsgeldes als öffentliche Abgabe spricht es un-
bedingt, daß es hinsichtlich der Verjährung, der
Beschwerden, Einsprüche und der Beitreibung
dem Bürgerrechtsgeld völlig gleichgestellt ist.
: Art. XV, abl. 8 der M. Instr. v. 20. Juni
1853 (V. M. Bl., S. 143).
* Vgl. z. B. St. O. ö., §s. 4. Das Recht
zur Mitbenutzung der öffentlichen Gemeinde-
anstalten im allgemeinen darf nicht an die Zah-
lung eines Einkaufsgeldes geknüpft sein; das
hindert nicht, daß an die konkrete Inanspruch-
nahme einer solchen Anstalt die Zahlung einer
Benutzungsgebühr im Sinne des §. 4 des
K. A. G. geknüpft wird. Bgl. auch O. V. G.,
XVIII, S. 135.
Ausnahmen von der gleichartigen Heran-
ziehung der Fremden und Einheimischen bestehen
in Kurhessen und in der Rheinprovinz.
In Kurhessen darf nur von den Fremden ein
Einkaufsgeld erhoben werden, vgl. nebenstehende
Anm. 1. In den Landgemeinden der Rhein-
provinz kann auf Grund älterer, gemäß der
Kab. Ordre v. 27. Okt. 1839, aber vor Emana-
tion der Instr. von 1847 (vgl. die soeben cit.
Anm.), gefaßter Gemeindebeschlüsse die Teil-
nahmeberechtigung für die von auswärts Ange-
zogenen von der Entrichtung eines Einkaufsgeldes
abhängig gemacht werden, während die in der
Gemeinde geborenen Gemeindeglieder ohne Zah-
lung eines Einkaufsgeldes zu den Nutzungen
zugelassen werden. O. V. G., XXI, S. 130.
* M. Erl. v. 17. März 1832 (v. Kampg,
Ann., S. 444); M. Erl. v. 31. März 1871
(B. M. Bl., S. 108).
7 Bgl. die am Anfange der nebenstehenden
Anm. 1 citierten Stellen und den Text S. 254,
3Z. 3. Der Schlußsatz in Abs. 1 dieser Z. „mit
der Maßgabe . ." gilt nicht für die Landge-
meinden der Rheinprovinz. S§. 18 der L. G.
O. rh. enthält eine solche Vorschrift nicht, und
spätere diesbezügliche Bestimmungen sind für die
Landgemeinden der Rheinprovinz nicht er-
gangen. Bgl. v. Möller, 2., S. 209; v. Brau-
chitsch, I, S. 220, Anm. 52, Abfl. 2.