Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

Ortsgemeinden; das geltende Recht. (F. 68.) 263 
lichen Verkehrs.“ Rechtlich fehlt es an einem Kriterium für die Unterscheidung zwischen 
direkten und indirekten Steuern 1, das Recht selbst schwankt in der Anwendung dieser 
Bezeichnungen.? Wir können daher die Begriffe der direkten und indirekten Gemeinde- 
steuern für unsere Zwecke lediglich durch Aufzählung der einzelnen Steuerarten bestimmen, 
welche nach dem Willen des Gesetzgebers unter jeden derselben fallen sollen.8 Danach 
sind indirekte Gemeindesteuern die Verbrauchs-, Lustbarkeits-, Hunde-", Umsatz= und 
Luxussteuern, direkte dagegen die Grund-, Gewerbe-, Einkommen-, Miets= und 
Wohnungssteuern.5 
IV. 1) Jede in einer Gemeinde zur Hebung kommende Steuer muß von allen 
zur Entrichtung gesetzlich Verpflichteten erhoben werden.' Befreiungen von den Steuern 
sind nur in den im Gesetz vorgesehenen Fällen zulässig. Die Grmeinden sind nicht 
befugt, neue Steuerfreiheiten zu schaffen, und jede vertragsmäßige Zusicherung solcher ist 
für das öffentliche Recht ohne Bedeutung.8 
2) Die Besteuerung soll aber nicht nur eine allgemeine, sondern sie soll auch 
eine gleichmäßige sein. Alle zu einer Steuer Verpflichteten sollen prinzipiell auch in 
gleicher Weise zu ihr herangezogen werden. 
a) Besonders betont ist dieser Grundsatz bei den Vorschriften über die direkten 
Gemeindesteuern; auf ihm beruhen sowohl der allgemeine Satz, daß „die direkten Gemeinde- 
steuern ... auf alle der Besteuerung unterworfenen Pflichtigen nach festen und gleich- 
mäßigen Grundsätzen zu verteilen“ sind, wie auch die Einzelbestimmungen, daß die 
Zuschläge zu der Staatseinkommensteuer stets gleichmäßig sein müssen und daß die 
Steuern vom Grundbesitz nach gleichen Normen und Sätzen zu verteilen sind. 
Zur Abweichung von diesen Vorschriften, d. h. zur Heranziehung Steuerpflichtiger 
mit geringeren oder höheren als den regelmäßig zu erhebenden Sätzen sind die Gemeinden 
nur in gewissen Fällen ermächtigt: dem ebenerwähnten allgemeinen Satz entspricht 
zunächst die allgemeine Ausnahme, daß zur Deckung der Kosten gewisser Veranstaltungen 
gewisse Gruppen Steuerpflichtiger oder gewisse räumlich abgegrenzte Teile des Gemeinde- 
bezirkes mit Gemeindesteuern stärker oder geringer belastet werden können; im einzelnen 
sind ferner die Gemeinden befugt, bei der Grundsteuer die Bauplätze stärker heran- 
zuziehen als die übrigen Liegenschaften, bei der Gewerbesteuer unter gewissen Voraus- 
setzungen die Besteuerungssätze und Prozente abzustufen, und endlich bei der Einkommen- 
steuer Ausländer zeitweilig minder zu belasten.!70 Hier ist nur die allgemeine Ausnahme 
zu erörtern: 
Voraussetzung für die steuerliche Mehr= oder Minderbelastung einzelner Teile des 
Gemeindebezirkes oder einzelner Klassen von Gemeindeangehörigen 11 ist, daß es sich um 
Veranstaltungen handelt, die in besonders hervorragendem oder geringem Maße den- 
selben zu statten kommen, und daß Beiträge zu diesen Veranstaltungen nicht erhoben 
  
1 Seydel, Bayer. Staatsrecht, II, S. 407; 
Nöll, S. 2, Anm. 5, Abs. 2. 
1 Die in den Hohenzollernschen Landen 
vom Staate erhobene Hundesteuer wird im Etat 
der Verwaltung der direkten Steuern, Kap. 4, 
Tit. 7, zu den direkten, die im übrigen Staats- 
gebiet von den Gemeinden erhobene Hundesteuer 
dagegen im K. A. G. zu den indirekten Steuern 
gerechnet. Aus der Verschiedenheit der Person 
des Hebungsberechtigten kann diese verschiedene 
Behandlung derselben Stener nicht hergeleitet 
werden. öll, a. a. O. 
?* Bgl. auch O. V. G., VI, S. 106; XIV, 
S. 54; XVII, S. 21. 
K. A. G., 88. 13— 19. 
* Grundz., IIA, 5, Abs. 3; Komm. Ber. des 
v* Grundz., IIöRB, *# Adickes, S. 311 ff. 
* O. V. G., XII. S. 120; Entsch. des R. G. 
  
im Pr. Verw. Bl., VI, S. 64, 80, und in seinen 
Entsch. in Civ. S., XII, S. 272 ff.; vgl. auch 
Strutz, S. 94, Anm. 3 zu §s. 31. Über den 
Erwerb der Steuerfreiheit durch Verjährung 
siehe O. V. G., 1, S. 134; V. S. 154, und 
VIII, S. 112. 
!: K. A. G., #§. 20, Abs. 1; §. 36, Abs. 1 
8. 27, Abs. 1. 
16 K. A. G., §. 20, Abs. 2; §. 27, Abs. 2; 
§§. 31 und 39. 
11 In dem Komm. Ber. des A.H., S. 22, „wurde 
anerkannt, daß die größere oder geringere Wohl- 
habenheit der Gemeindemitglieder einen Unter- 
schied nach Klassen im Sinne dieses Absatzes 
nicht begründe,. und daher z. B. nicht davon die 
Rede sein könne, zur Deckung der Kosten ge- 
wisser Schulen diejenigen, deren Angehörige die- 
selben hauptsächlich besuchen, im voraus heran- 
zuziehen.“
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.