Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

Ortsgemeinden; das geltende Recht. (8. 90.) 329 
Wegebauten“ (G. S., S. 329) erlassen ist, können Gemeinden 1, wenn die öffentlichen 
Wege ihres Bezirkes infolge der Anlegung von Fabriken, Bergwerken, Steinbrüchen, 
Ziegeleien oder ähnlichen Unternehmungen vorübergehend oder durch den Betrieb 
dauernd? in erheblichem Maße abgenutzt werden, die Unternehmer dieser Betriebe mit 
besonderen Beiträgen zu den Unterhaltungskosten der Wege heranziehen. Voraus- 
setzung für diese Berechtigung ist, daß den Gemeinden die Unterhaltungslast der Wege 
obliegt, und daß die Mehrbelastung, welche ihnen durch den Betrieb erwächst, nicht durch 
die Erhebung von Chausseegeldern gedeckt wird. Auch diese Beiträge sind öffentlich- 
rechtliche Leistungen auf Grund spezieller gesetzlicher Vorschriften: Gemeindeabgaben im 
eigentlichen Sinne sind sie nicht, weil sie nicht nur von Gemeinden, sondern auch von 
anderen Wegebaupflichtigen, Einzelpersonen wie Verbänden, bei gegebenen Voraussetzungen 
gefordert werden können, und weil, soweit Gemeinden berechtigt sind, diese nicht nur den 
ihrer Finanzgewalt unterworfenen, d. h. den gemeindeangehörigen Fabrikbesitzern gegenüber 
forderungsberechtigt sind, sondern gegenüber jedem Unternehmer, durch dessen Betrieb der 
Weg erheblich abgenutzt wird; als öffentlich-rechtliche sind diese Leistungen aber durch 
das Gesetz v. 11. Juli 1891 ausdrücklich anerkannt. 
Die Höhe dieser Beiträge, welche sich nach der Erschwerung bemessen soll, die die 
Wegeunterhaltungslast durch die Anlage oder den Betrieb der Unternehmung erfahren 
hat, ist zunächst durch gütliche Vereinbarung der Beteiligten festzustellen, dasselbe gilt 
von der Art, in welcher, und von der Zeit, für welche sie zu leisten sind. Bei dauern- 
der Abnutzung eines Weges kann ein Beitrag oder ein Beitragsverhältnis auch mit der 
Maßgabe bestimmt werden, daß die Festsetzung so lange gilt, „bis der Beitrag oder das 
Beitragsverhältnis im Wege gütlicher Vereinbarung oder anderweiter Festsetzung ge- 
ändert wird“. 
Ist eine gütliche Einigung nicht zu erzielen, so entscheidet über Höhe, Art und Zeit 
der Leistung auf Klage der wegebaupflichtigen Gemeinde das Verwaltungsgericht nach 
freiem billigem Ermessen.“ Wird seitens eines der Beteiligten eine Abänderung der 
ursprünglichen Feststellung, welche so lange gelten sollte, „bis der Beitrag oder das 
Beitragsverhältnis im Wege gütlicher Vereinbarung oder anderweiter Festsetzung geändert 
ist", verlangt, so steht jedem der Beteiligten die Klage auf anderweite Festsetzung offen; 
diese darf aber nur auf die Behauptung gestützt werden, daß die thatsächlichen Voraus- 
setzungen, von welchen bei Festsetzung des Beitrages oder des Beitragsverhältnisses aus- 
gegangen ist, eine wesentliche Anderung erfahren haben." Zuständig für die Entscheidung 
in erster Instanz ist, sofern ein Stadtkreis, eine Stadt mit mehr als 10,000 Ein- 
wohnern oder in Hannover eine bezüglich der allgemeinen Landesverwaltung selbstän- 
dige Stadt beteiligt ist, der Bezirksausschuß, im übrigen der Kreisausschuß.“ Nach- 
  
(G. S., S. 299); Ges. betr. Heranziehung der 
Fabriken .. . in der Provinz Brandenburg 
v. 7. Juli 1891 (G. S., S. 315); Ges. betr. 
Heranziehung der Fabriken .. in der Rhein- 
provinz v. 4. Aug. 1891 (G. S., S. 334). Auf 
alle diese Gesetze, soweit sie ihm vorangingen, 
bezieht sich das Ergänzungsgesetz v. 11. Juli 
1891, welches in mehreren Punkten Klarheit 
geschaffen und die Judikatur des O. V. G. mo- 
difiziert hat (vgl. O. V. G., XIX, S. 235 u. 
238, Entscheidung aus dem Jahre 1890 und 
dagegen §. 1 des Ges.). 
nhaltlich stimmen die Provinzialgesetze im 
allgemeinen überein. Sie zerfallen jedoch in 
zwei Klassen. Die drei erstgenannten zählen 
gewisse Wegegattungen (Land-, Vicinal-, Ge- 
meinde-, Ortswege u. s. w.) auf und erklären 
alle die zur Unterhaltung dieser Verpflichteten 
(meist sind es die Gemeinden) für anspruchs- 
berechtigt, die übrigen Gesetze (den Anfang 
macht das für die Provinz Sachsen) sprechen 
dagegen nur von öffentlichen Wegen schlechthin 
und nennen dann, im einzelnen wieder ver- 
  
schieden, gewisse Unterhaltungspflichtige, die nicht 
anspruchsberechtigt sein sollen. So haben nach 
diesen neueren Gesetzen keinen Anspruch auf 
Wegeunterhaltungsbeiträge: 1) der Staat und 
die Provinzen, ausgenommen die Rhein- 
provinz bezüglich solcher von den Gemeinden 
ausgebauten Straßen, welche sie unter der Vor- 
behaltung der jederzeitigen Rückübertragung zur 
Unterhaltung übernommen hat; 2) die Kreise 
in Brandenburg, Schleswig-Holstein, 
Sachsen, Reg.-Bez. Wiesbaden; 3) die 
einen Stadtkreis bildenden Stadtgemeinden 
in Brandenburg und Schleswig-Holstein 
und alle Städte in der Rheinprovinz 
bezüglich der eigentlichen Stadtstraßen. Vgl. 
auch O. V. G., XIX, S. 231; XXI, S. 291. 
1 Vgl. jedoch die vorige Anm. i. f. 
2 Vgl. O. V. G., XX, S. 256. 
2 F. 2, Abs. 1 des Ges. von 1891. 
* §. 3 des Ges. von 1891. 
5 F. 2, Abs. 2 des Ges. von 1891. 
s Zust. G., §. 64; teilweise modifiziert durch 
die auf voriger Seite in Anm. 8 cit. Gesetze.
	        
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