Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

Ortsgemeinden; das geltende Recht. (§. 96.) 345 
beantragt werden. Ist ein solches Grundstück bereits mit einer Gemeinde verbunden, 
so kann diese Verbindung wieder aufgehoben werden, und zwar, wenn sie nach dem 
1. März 1848 stattgefunden hat, auf Antrag eines Teiles, wenn sie aber vor diesem 
Zeitpunkte erfolgt ist, nur auf übereinstimmenden Antrag beider Teile. Der Antrag auf 
Verleihung der kommunalen Selbständigkeit ist jetzt bei dem Landrat, in dessen Bezirk 
die betreffende Besitzung gelegen ist, anzubringen; die Entscheidung über den Antrag steht 
dem Oberpräsidenten vorbehaltlich der Beschwerde an den Minister des Innern zu. 
Die Aufhebung des hiernach einmal erfolgten Ausschlusses eines Gutes und 
seine Wiedervereinigung mit einer Gemeinde ist nur unter Zustimmung der Beteiligten 
zulässig; sie erfolgt durch Verfügung des Oberpräsidenten. Die zwangsweise Vereinigung 
eines selbständigen Gutes mit einer Gemeinde ist in Hannover nicht zulässig, wenig- 
stens nicht, solange dieses Gut als solches fortbesteht; hört aber das Gut infolge von 
Abverkäufen und Zerstückelungen thatsächlich auf als solches zu existieren, geht die Ein- 
heit des Besitzes, welche die Ausschließung dieses Territoriums ehedem verursachte, ver- 
loren, dann kann es auch hier wider den Willen der Trennstückbesitzer für aufgelöst 
erklärt und einer Gemeinde inkommunalisiert werden.? 
V. Im Gebiete des ehemaligen Kurfürstentums Hessen können selbständige 
Gutsbezirke ihre Entstehung nur auf einen landesherrlichen Erlaß zurückführen. Nach der 
alten Gemeindeordnung von 1834 waren alle Grundstücke, Domänen= und Rittergüter, 
die noch keiner Gemeinde angehörten, vom Landesherrn einer solchen zuzuschlagen, nur 
er konnte Ausnahmen hiervon machen und „bewohnte, einzeln liegende größere Anlagen, 
Werke und Höfe insofern und so lange, als daselbst die Erfordernisse einer tüchtigen 
Ortsverwaltung vorhanden sind,.. . nach begründetem Wunsche ihrer Besitzer, den 
Gemeinden rücksichtlich der örtlichen Verwaltung“ gleichstellen. Diese Vorschriften gelten 
noch heute. Ebenso wie für die Entstehung ist auch für die Aufhebung eines selbstän- 
digen Gutes, welche stets eine Veränderung von Gemeindegrenzen nach sich ziehen wird, 
hier stets ein landesherrlicher Entschluß erforderlich.] 
F. 96. 
II. Die Verwaltung der Gutsbezirke.“ 
Der Gutsbezirk ist ebenso wie der Gemeindebezirk ein räumlich abgegrenztes Gebiet, 
innerhalb dessen staatliche Aufgaben, die eine örtliche Erledigung erheischen, verrichtet 
werden. Der Gutsbezirk ist aber nicht wie die Gemeinde ein korporativer Verband, 
daher kann er nicht als solcher Träger von Rechten und Pflichten sein, und die in Be- 
tracht kommenden neueren Gemeinde= und Kreisordnungen schreiben übereinstimmend vor: 
„Für den Bereich eines selbständigen Gutsbezirks ist der Besitzer des Gutes zu den 
Pflichten und Leistungen, welche den Gemeinden für den Bereich ihres Gemeindebezirks 
im öffentlichen Interesse gesetzlich obliegen, . verbunden.“ Nicht die Gesamtheit der 
Insassen eines Gutsbezirks, sondern eine Person, der Besitzer des Gutes, ist dem 
Staate gegenüber zur Erfüllung der kommunalen Leistungen für den Gutsbezirk 
verpflichtet. 
I. Fragt man zunächst, wen die Gesetze als „Besitzer des Gutes“ ansehen, so kommt 
in Betracht, daß die neueren Gemeinde= und Kreisordnungen in der Tragung der öffent- 
lichen Lasten für die selbständigen Güter keine Anderung herbeiführen, es vielmehr bei 
dem bestehenden Rechte belassen wollten." Nach diesem hatte aber lediglich der Guts- 
  
1 Über das Verfahren vgl. Bek. des hann. Genzmer: S. 51 ff.; Schulze, a. a. O.; 
Ministeriums des Innern v. 28. April 1859 Möller, L., §§. 140 ff.; E. v. Meier. 
(bann. G. S., S. 391); abgedruckt bei v. Brau- Grotesent. v. Stengel, a. a. O. Bgl. die 
chitsch, a. a. O. Citate zur Überschrift des vorigen §. 
2 O. V. G., XIX, S. 152. * O. V. G., I, S. 152, 153; II, S. 144; 
: G. O. kurh., §. 5, Abs. 2 u. 4. XI, S. 164; XII, S. 231.
	        
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