Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

358 Zweiter Abschnitt. 
C. 99.) 
fernere anderweite Bekanntmachungen bleiben natürlich der Beschlußfassung der einzelnen 
Verbände überlassen. · 
Verbandsvorsteher können nur solche Personen sein, welche die Voraussetzungen 
zur Übernahme des Amtes als Gemeinde- oder Gutsvorsteher erfüllen, Vertreter von 
Gemeinden nur Personen, die zur Übernahme des Amtes als Gemeindeverordneter 
besähigt sind. Vertreter des selbständigen Gutsbezirks ist in der Regel der Besitzer 
des Gutes. 1 
Die Wahl des Verbandsvorstehers bedarf, wenn der Gewählte nicht zugleich Ge- 
meinde= ?, Guts= oder Amtsvorsteher ist, der Bestätigung durch den Landrat. Hinsicht- 
lich der Versagung dieser Bestätigung, der Vornahme einer Neuwahl und der eventuellen 
Bestellung eines kommissarischen Verwalters gelten die oben S. 191 unter V entwickelten 
Grundsätze."“ Die Wahl eines Verbandsvorstehers, welche der Bestätigung nicht bedarf, 
ist durch den Einspruch anfechtbar. Über diesen beschließt zunächst die Versammlung 
der Verbandsmitglieder. Gegen den Beschluß findet binnen zwei Wochen die Klage im 
Verwaltungsstreitverfahren statt, für welches der Verband zur Wahrnehmung seiner 
Rechte einen besonderen Vertreter bestellen kann. 
Der Maßstab, nach welchem die Lasten des Verbandes auf die Verbandsmitglieder, 
die Gemeinden oder Gutsbezirke, zu verteilen sind, ist der Vereinbarung der Beteiligten 
überlassen und ist im Verbandsstatut festzustellen. Die Gemeinden und Gutsbezirke haben 
die auf sie entfallenden Anteile wie ihre anderen kommunalen Bedürfnisse aufzubringen.“ 
Auf Beschwerden und Einsprüche 7 betreffend a) das Recht zur Mitbenutzung der öffentlichen 
Einrichtungen und Anstalten des Verbandes, oder b) die Heranziehung der einzelnen 
Gemeinden und selbständigen Gutsbezirke zu den Verbandsbeiträgen beschließt der Ver- 
bandsvorsteher. Gegen seinen Beschluß findet dasselbe Rechtsmittelverfahren wie bei den 
Gemeindeabgaben statt. 
2) Kommt ein Statut durch freie Vereinbarung der Beteiligten nicht zu stande, so 
wird ein solches nach Anhörung derselben durch den Kreisausschuß festgesetzt. Bei 
dieser amtlichen Festsetzung des Statuts kommen folgende Grundsätze zur An- 
wendung: Der Verband wird in seinen Angelegenheiten durch den Verbandsausschuß 
als beschließendes Organ und den Verbandsvorsteher als ausführende Behörde vertreten. 
Der Verbandsausschuß besteht aus Vertretern sämtlicher zum Verbande gehörigen Ge- 
meinden und Gutsbezirke. Jede Gemeinde und jeder Gutsbezirk ist wenigstens durch 
einen Abgeordneten zu vertreten. Die Vertretung der Landgemeinden in dem Verbands- 
ausschusse erfolgt durch den Gemeindevorsteher, die Schöffen und, wenn deren Zahl nicht 
ausreichen sollte, durch andere von der Gemeinde zu wählende Abgeordnete; die Ver- 
tretung einer Stadtgemeinde durch den Bürgermeister, den Beigeordneten, sonstige Ma- 
gistratsmitglieder und erforderlichenfalls durch andere von der Stadtgemeinde zu 
wählende Abgeordnete. Die Zahl der von jeder Gemeinde zu entsendenden Vertreter, 
sowie der jedem Gutsbezirk einzuräumenden Stimmen bemißt sich nach dem Gesamt- 
betrage der zur Zeit der Feststellung des Statuts in den Gemeindebezirken und von den 
Gutsbesitzern an den Staat zu entrichtenden bezw. für sie staatlich veranlagten direkten 
Steuern unter Mitberücksichtigung der nach Maßgabe des Kommunalabgabengesetzes 
  
1 L. G. O., §. 133. Nicht der Besitzer des 
Gutes, sondern der für diesen in der Eigenschaft 
als Gutsvorsteher bestellte Stellvertreter hat das 
Gut nach §. 133, Abs. 3 der L. G. O. jedoch zu 
vertreten: a) in allen Fällen, in welchen er ge- 
mäß §. 126 der L. G. O. vom Landrat bestellt 
wurde; b) der vom Gutsbesitzer selbst bestellte 
Stellvertreter, sofern die Bestellung auf Grund 
der Z. 1, 2 u. 4 des §. 124 der L. G. O. erfolgte. 
Daraus ergiebt sich die Eigentümlichkeit, daß der 
entfernt von seinem Gute wohnende Gutsbesitzer 
die Vertretung seines Gutes behält, wenn er 
den gemäß §. 124, Z. 3 notwendigen Stellver- 
treter selbst bestellt, daß er dagegen das Recht 
zur Vertretung verliert, wenn er die Bestellung 
des Stellvertreters verabsäumt, und diese vom 
  
Landrat vorgenommen wird. Vgl. auch Genz- 
mer, S. 90, Anm. 4. 
: Darunter ist auch der Bürgermeister zu ver- 
stehen. Stenogr. Ber. des A. H. v. 16. April 
1891, S. 1810. 
5 Bei Beteiligung einer Stadt durch den 
Regierungspräsidenten. L. G. O., §. 138. 
L. G. O., §. 134, Abf. 1. 
* L. G. O., §. 134, Abs. 2, u. §S. 144. 
* L. G. O., §. 135, und dazu Freytag, 
Komm. z. L. G. O. ö., S. 301 ff. 
* Beide sind gesetzlich an keine Frist gebunden. 
Da aber eine geordnete Verwaltung ohne eile 
derartige Fristbestimmung nicht möglich ist, wird 
das Statut hier das Gesetz ergänzen müssen. 
* L. G. O., §. 136. Vgl. oben S. 318 ff.
	        
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