Kreisgemeinden; das geltende Recht. (F. 108.) 383
Städte aus; der Wahlverband der Großgrundbesitzer fällt fort in den schleswig-
holsteinschen Kreisen Eiderstedt, Husum, Norder= und Süderdithmarschen; in den beiden
westlichen Provinzen tritt an Stelle des Wahlverbandes der Landgemeinden der
Wahlverband der Amtsverbände bezw. Landbürgermeistereien.
1) Der Wahlverband der größeren Grundbesitzer besteht ?:
a) aus allen denjenigen zur Zahlung von Kreisabgaben verpflichteten Grundbesitzern
einschließlich der juristischen Personen, Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf
Aktien, welche von ihrem gesamten innerhalb des Kreises belegenen Grundeigentum 3 zu den
in den einzelnen Kreisordnungen verschieden festgesetzten Mindestbeträgen an Grundsteuern"“
staatlich veranlagt sind 8s bezw. zu veranlagen wären, wenn sie nicht Grundsteuerfreiheit
genießen würden; dabei ist den Provinzialvertretungen gestattet, den gesetzlichen Census
für einzelne Kreise innerhalb gewisser Grenzen zu erhöhen oder zu ermäßigen. Maß-
gebend für die Zugehörigkeit zu diesem Wahlverbande ist allein die Größe des Grund-
besitzes bezw. die Höhe der von diesem veranlagten Grundsteuer, es kommt dagegen
nicht auf die kommunalen Eigenschaften des Grundstückes an, und es ist gleichgültig, ob
dasselbe einen selbständigen Gutsbezirk bildet oder einer Landgemeinde angehört. Trotz
eines den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Grundbesitzes sind jedoch in den
westlichen Provinzen und Hessen-Nassau vom Wahlverbande der Großgrund-
besitzer ausgeschlossen die zu dem betreffenden Kreise gehörigen Gemeinden und diejenigen
Vereinigungen von Grundbesitzern (Gehöfterschaften, Haubergsgenossenschaften, Märker-
schaftsgenossen u. s. w.), deren gemeinschaftliches Eigentum nicht nachweislich durch ein
besonderes privatrechtliches Verhältnis entstanden ist.7
b) Außer den bezeichneten Grundbesitzern gehören zu diesem Wahlverbande die-
jenigen Gewerbetreibenden und Bergwerksbesitzer, welche wegen ihrer auf dem platten
Lande innerhalb des Kreises betriebenen gewerblichen Unternehmungen in den Klassen I
oder II zur Gewerbesteuer mit einem Steuerbetrage von 300 Mark oder mehr veran-
lagt sind.
2) Der Wahlverband der Städte umfaßt in den östlichen Provinzen und
in Schleswig-Holstein die Stadtgemeinden, d. h. die nach der Stäteordnung ver-
1 Kr. O. ö., §. 85; w. u. rh., §. 34; hann.,
§. 41; hess.-nass., §. 42; schlesw.-holst., S. 71.
2 Kr. O. ö., §. 86; w. u. rh., §. 35; hann.,
#§ 42; hesfs.-nass., §. 43; schlesw.-holst., §. 72.
à Es kommt hier, abgesehen von der Rhein-
provinz, wo ein Unterschied zwischen städti-
schem und ländlichem Grundbesitz nicht gemacht
wird, nur der Grundbesitz auf dem platten Lande
in Betracht. Die Grundsteuer von Grundbesitz,
welcher in einem dem Wahlverbande der Städte
angehörigen Gemeindebezirke belegen ist, wird
nicht mitgerechnet.
* Nach der Kr. O. ö. ist die Veranlagung
zur Grund= und Gebäudesteuer, nach den
übrigen Kr. Ordugn. nur die Veranlagung zur
eigentlichen Grundsteuer maßgebend. Die Min-
destbeträge sind: a) in den östlichen Provinzen
— mit Ausnahme der Provinz Sachsen und
des Reg. Bez. Stralsund, wo sie bis zu einer
anderweiten Beschlußfassung der Provinzialland-
tage einstweilen auf 300 bezw. 750 Mark fest-
gesetzt sind (Kr. O. ö., §. 183) —, in Westfalen
und in der Rheinprovinz — mit Ausnahme
der Regierungsbezirke Koblenz und Trier, wo
sie 150 Mark betragen — 225 Mark; b) in der
Provinz Hannover 450 Mark (im Fürstentum
Ostfriesland), 360 Mark (in den Bremenschen
Marschen und im Lande Hadeln), 300 Mark
(in dem Fürstentum Hildesheim), 240 Mark
(in den Fürstentümern Calenberg, Göttingen
und Grubenhagen, einschließlich des Eichsfeldes
und der Grasschaft Hohenstein, ferner in dem
Fürstentum Osnabrück, in den Marschdistrikten
des Fürstentums Lüneburg und in denen der
Grasschaft Hoya), 180 Mark (in den übrigen
Teilen der Provinz): c) in Hessen = Nassau
180 Mark; d) in Schleswig-Holstein 400
Mark (im Kreise Hadersleben), 250 Mark (in
den Kreisen Apenrade und Sonderburg), 600
Mark (im Kreise Tondern), 500 Mark (in den
übrigen Kreisen der Provinz).
*Ges. w. Aufheb. dir. Staatsst., §. 5.
. Die Grenzen, innerhalb welcher sich die
Anderungen der Minimalsätze bewegen dürfen,
sind: in den östlichen Provinzen (mit Aus-
nahme der Provinz Sachsen, wo der Satz
bis auf 450 Mark erhöht werden kann) 150—
300 Mark, in Westfalen 150 —450 Mark, in
der Rheinprovinz 100—450 Mark, in Han-
nover 150—600 Mark, in Hessen-Nassau
150 —225 Mark, in Schleswig-Holstein
300—600 Mark; eine Abänderung der für die
Kreise Hadersleben, Apenrade und Sonderburg
festgestellten Steuerbeträge durch die Provingial=
vertretung bedarf landesberrlicher Genehmigung.
Vgl. die in nebenstehender Anm. 2 cit. 98§.
7 Kr. O. w. u. rh., §. 35, Abs. 4; hess.-nass.,
§. 43, Abf. 4. v
8s Vgl. die in nebenstehender Anm. 2 cit. 88.;
Gew. St. G. v. 24. Juni 1891, §. 80; O. V. G.,
IV, S. 26.