Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

Kreisgemeinden; das geltende Recht. (8. 115.) 403 
teilnehmen.! Ebensowenig dürfen die Mitglieder des Kreisausschusses bei der Beratung 
und Entscheidung solcher Angelegenheiten mitwirken, in welchen sie in anderer als öffent- 
licher Eigenschaft ein Gutachten abgegeben haben oder in anderer als öffentlicher Eigen- 
schaft thätig gewesen sind.? Müssen aus diesen Gründen so viele Mitglieder ausscheiden, 
daß der Kreisausschuß beschlußunfähig wird, so erfolgt die Beschlußfassung über die be- 
treffende Angelegenheit durch den Kreistag.3 
Behufs der örtlichen Erledigung von Kreiskommunalangelegenheiten kann der Kreis- 
ausschuß die Mitwirkung der Gemeindevorsteher und Gutsvorsteher, der Amtmänner 
und der Bürgermeister in Anspruch nehmen.“ Im übrigen ist der Geschäftsgang bei 
den Kreisausschüssen, soweit er nicht durch sonstige gesetzliche Bestimmungen geregelt ist, 
gemäß den Vorschriften der Kreiserdnungen durch ein vom Minister des Innern erlassenes 
Regulativ geordnet. 
c) Die Zuständigkeit des Kreisausschusses. 
Der Kreisausschuß ist das ausführende Organ der Kreiskommunalverwaltung. Er 
ist für die Exekutive zuständig, soweit nicht für einzelne Kommunalangelegenheiten besondere 
Kommissionen bestellt sind, und hat daher besonders: 
1) die Beschlüsse des Kreistages vorzubereiten und auszuführen, soweit damit nicht 
besondere Kommissionen, Kommissarien oder Beamte durch Gesetz oder Kreistagsbeschluß 
beauftragt werden; 
2) die Kreisangelegenheiten nach Maßgabe der Gesetze und der Beschlüsse des Kreis- 
tages, sowie in Gemäßheit des von diesem aufzustellenden Kreishaushaltsetats zu verwalten; 
3) die Beamten des Kreises zu ernennen und deren Geschäftsführung zu leiten und 
zu beaufsichtigen.“ 
Nur in Posen kommen dem Rreisausschusse diese Funktionen nicht ipso jure zu. 
Hier ist er vorerst nur als Organ des Staates zur Verrichtung von Geschäften der 
allgemeinen Landesverwaltung ins Leben gerufen. Soll ein posenscher Kreisausschuß 
als kommunales Organ der Kreiskorporation fungieren und wie in anderen Provinzen 
die Exekutive der Kreiskommunalverwaltung haben, so muß er mit diesen Funktionen 
erst durch besonderen Beschluß des Kreistages betraut werden. 
Beschlüsse des Kreisausschusses, welche seine Befugnis überschreiten oder die Gesetze 
verletzen, können vom Landrat in denselben Formen und mit denselben Wirkungen wie 
Kreistagsbeschlüsse beanstandet werden. 
Das Verhältnis zwischen Kreisausschuß und Kreistag ist ähnlich dem zwischen 
Magistrat und Stadtverordnetenversammlung: der Kreisausschuß wird vom Kreistage 
1 Kr. O. ö., §. 139, Abs. 1; w. u. rh., §. 83, 
Abs. 1; hann., §. 95, Abs. 1; hesfs.-nass., S. 96, 
Abs. 1; schlesw.-holst., §. 126, Abs. 1; A. u. 
L. O. hohenz., S. 46, Abs. 3. 
1 Ebenso L. V. G., §. 115. 
2 Anders L. V. G., §. 116. In der A. u. 
L. O. hohenz. fehlen die in den beiden letzten 
Sätzen angegebenen Vorschriften. Im übrigen 
vgl. Abs. 2 u. 3 der in vorstehender Anm. 1 
cit. 88. 
4 Kr. O. w. u. rh., §. 85; hann., §. 97; hess.= 
nass., §. 98; schlesw.-holst., §. 128; für Posen 
Ges. v. 19. Mai 1889, Art. IV, §. 6. 
5 Kr. O. ö., §. 166; w. u. rh., §. 86; 
§. 98; hess.-nass., §. 99; schlesw.-holst., §. 129; 
A. u. L. O. hohenz., §. 46, Abs. 3. Auf Grund 
des §. 166 der Kr. O. ö. ist für die alten Kreis- 
ordnungsprovinzen das Regulativ v. 28. Febr. 
1884 (V. M. Bl., S. 41) erlassen; abgedruckt 
bei v. Brauchitsch, I, Anhang, Nr. 8. Das- 
selbe ist ausgedehnt durch M. Bek.: 
v. 3. Jan. 1885 auf die Prov. Hannover, 
v. 9. Juni 1886 „ „ „ Hessen-Nassau, 
v. 31. Mai 1887„ „ „ Westfalen, 
hann., 
  
v. 4. April 1888 auf die Rheinprovinz, 
v. 4. März 1889 „ „ Prov. Schlesw.-Holst., 
v. S. Febr. 1890 „ „ „ Posen. 
Für die Amtsverbände in den Hohenzeollern- 
schen Landen gilt gleichfalls das Regulativ v. 
2. Febr. 1884 (Amtsbl. der Reg. z. Sigm., S. 80). 
* Kr. O. ö., §. 134; w. u. rh., §. 79; hann., 
#§. 91; hess.-nass., §. 92; schlesw.-holst., §. 122; 
A. u. L. O. hohenz., S. 43. 
7 Ges. v. 19. Mai 1889, Art. V, B, 2. 
§Vgl. oben S. 396. Es handelt sich hier 
(vgl. vorangehende Seite, Anm. 6) nur um 
solche Beschlüsse des Kr. A., die er in seiner 
Eigenschaft als Kreiskommunalbehörde gefaßt 
hat, im Gegensatz zu solchen, die er als staat- 
liche Beschlußbehörde gefaßt hat. Auf letztere 
finden nicht die Vorschriften der Kr. Ordugn. 
Anwendung, sondern §. 126 des L. V. G.: sie 
können nicht beanstandet, sondern nur mittels 
Klage angefochten werden. Bei den Beschlüssen 
des Kreistages und der Kreiskommissionen tritt 
ein solcher Unterschied nicht hervor; sie unter- 
liegen, wenn sie gesetz= oder kompetenzwidrig 
sind, stets dem Beanstandungsverfahren. 
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