28 Zweiter Abschnitt. (F. 7.)
ihrer besonderen Genehmigung. Sie haben endlich dem Magistrat und allen anderen
städtischen Behörden Decharge über ihre Verwaltung zu erteilen.
Die Ausführung aller Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung liegt dem
Magistrat ob, und zwar ohne daß er berechtigt ist, sie vorher einer materiellen Prü-
fung auf ihre Zweckmäßigkeit hin zu unterwerfen; nur gegen gesetzwidrige Beschlüsse
giebt ihm das Gesetz ein Einspruchsrecht bei den Aufsichtsbehörden, im übrigen erscheint
er als ein willenloses Exekutivorgan der Stadtverordnetenversammlung, deren Beschlüsse
für ihn gleichsam Befehle einer vorgesetzten Behörde sind.
VI. Der Wirkungskreis der Städte ist ein engerer geworden, indem die Gerichts-
barkeit und die Polizei ihnen genommen ist. Nur die Wohlfahrtspolizei bleibt in den
Händen städtischer Behörden, alle übrigen Teile derselben, besonders die Sicherheitspolizei,
sollen durch staatliche Organe wahrgenommen werden. Zu diesem Ende wird der Staat
für berechtigt erklärt, in jeder Stadt nach freiem Ermessen entweder eigene Behörden
für die Polizei zu errichten oder die Verwaltung derselben dem Mazistrat als solchem
zu übertragen. Letzterer ist zur Übernahme der Polizeigeschäfte verpflichtet und hat diese
als unmittelbares Staatsorgan lediglich nach den Anweisungen der vorgesetzten Staats-
behörden zu verrichten.
VII. Die S taatsaufs icht ist auf eine bloße Einsichtnahme in die gedruckten Rech-
nungsextrakte oder in die öffentlich zu legenden Rechnungen der Stadt, auf die Ent-
scheidung von Beschwerden, auf die Bestätigung von Statuten und Magistratswahlen
reduziert. Sie wird durch die Regierungen, in höheren Instanzen durch den Ober-
präsidenten und den Minister des Innern ausgeübt. Die bisherigen staatlichen Aufsichts-
organe, die Steuerräte, verschwanden kurze Zeit nach Erlaß der Städteordnung.
Die wichtigsten Folgen dieser Beschränkung der Staatsaufsicht zeigen sich in der
städtischen Finanzverwaltung. Während diese früher in ihrem ganzen Umfange vom
Staate kontrolliert, ja von ihm allein gehandhabt wurde, erhält er jetzt nur Auszüge aus
den Rechnungen zur Kenntnisnahme; er ist nicht in der Lage, diese eingehend zu prüfen,
Monita zu machen und Anweisungen für künftige Fälle zu geben. Aus einer Auf-
sicht über das Finanzwesen ist ein beschränktes Einsichtsrecht in dasselbe geworden.
Die Finanzverwaltung ist der Willkür der Stadtverordneten preisgegeben, die durch
den Staat ebensowenig wie durch den Magistrat beschränkt werden können! Sie sind
selbständig bei der Feststellung des Stadthaushaltsetats, welcher der Ausfsichtsbehörde
nicht einmal zur Einsicht vorgelegt werden muß. Sie können ohne staatliche Genehmigung
Anleihen bis zu jeder beliebigen Höhe kontrahieren; die Regierung hat weder das Recht,
den Stadtverordneten die Kontrahierung neuer Schulden zu verbieten, noch sie zur Ab-
tragung alter anzuhalten. Sie haben endlich die unbeschränkte Disposition über das
Immobiliarvermögen der Stadt; sie können dieses beliebig belasten, ja selbst ohne
staatliche Genehmigung veräußern, sofern, was sie selbst wieder allein zu beurteilen
haben, die Beräußerung notwendig und nützlich erscheint.
S. 7.
IV. Die Städteordnung von 1831.2
A. Alsbald nach der Einführung der Städteordnung von 1808, die für alle Städte
der Menarchie Gültigkeit hatte und die an sie geknüpften Hoffnungen im wesentlichen
erfüllte, zeigten sich auch mehrere Mängel derselben: das Aussichtsrecht des Staates
war zu beschränkt, das Verhältnis von Magistrat und Stadtverordneten nicht klar be-
stimmt, die Stellung des ersteren zu unselbständig, die immer nur auf bestimmte Zeit
erfolgende Anstellung der Magistratspersonen machte ihre Zukunft unsicher und sie daher
abhängig von der Volksgunst. Die Zahl der Stadtverordneten war endlich zu groß und die
Bedingungen ihrer Wählbarkeit waren zu gering, sodaß auch die ärmeren und ungebildeteren
Klassen der Bürger in die städtischen Kollegien eindrangen. Die Regierung versuchte an-
fänglich durch Deklarationen zu helfen, als diese jedoch nicht mehr ausreichten, auch die Ein-
1 Vgl. dazu Schoen, a. a. O., S. 76668.] „2 Vgl. die Litteraturangaben zum vorigen §.