Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

412 Dritter Abschnitt. (8. 120.) 
B. Die Kreisabgaben.! 
8. 120. 
1) Das System der Kreisabgaben.! 
I. Das Abgabenwesen der Kreise hat nicht wie das der Gemeinde eine lange histo- 
rische Entwickelung binter sich. Die Kreisordnungsnovellen aus den vierziger Jahren 
dieses Jahrhunderts legten zum ersten Male den Kreisen die Befugnis bei, ihre An- 
gehörigen mit Abgaben zu belasten. Diese Abgaben durften jedoch nur zu einzelnen be- 
stimmt bezeichneten Zwecken erhoben werdens; ein Abgabensystem haben diese Novellen 
nicht geschaffen, und es lag bei den geringen Kompetenzen der damaligen Kreisverbände 
auch kein Bedürfnis zu einem solchen vor. Dieser Rechtszustand galt bis zur Emanation 
der neuen Kreisordnung von 1872“, welche mit der Erweiterung des Wirkungskreises 
der Kreisgemeinden auch ihr Besteuerungsrecht erweiterte und im Anschluß an die damalige 
Staatssteuerverfassung ein entwickelungsfähiges Kreisabgabensystem schuf. Die auf das 
Abgabenwesen bezüglichen Vorschriften dieser Kreisordnung, welche durch das Kommunal= 
steuernotgesetz v. 27. Juli 1885 in einigen Punkten (Veranlagung juristischer Personen, 
Gesellschaften, Forensen u. s. w.) ergänzt wurden, sind in alle späteren Kreisordnungen 
wörtlich übernommen ' und durch das Gesetz v. 19. Mai 1889 auch in Posen eingeführt. 
Die neueste Steuerreformgesetzgebung hat das Abgabensystem der Kreise im Prinzipe 
unberührt gelassen. Das Kommunalabgabengesetz v. 14. Juli 1893 (in Verbindung mit 
seiner Novelle v. 30. Juli 1895) hat in den §§. 91 und 92 einige Vorschriften der 
Kreisordnungen abgeändert, in §F. 93 die Einführung einer Kreishundesteuer für zulässig 
erklärt und kommt hier außerdem noch insofern in Betracht, als es an Stelle des 
Gesetzes v. 27. Juli 1885 getreten ist. Das Gesetz wegen Aufhebung direkter Staats- 
steuern v. 14. Juli 1893 eröffnet den Kreisen eine neue Einnahmequelle, indem es ihnen 
die bisher für den Staat erhobene Betriebssteuer überweist (§§. 12 und 13). 
In mehreren Punkten abweichend von dem Besteuerungsrecht der Kreise ist das 
Besteuerungsrecht der Amtsverbände in den hohenzollernschen Landen geregelt. 
Die auf dieses bezüglichen Vorschriften der hohenzollernschen Amts= und Landesordnung 
sind an geeigneter Stelle in den Anmerkungen mitzeteilt. 
II. Das geltende Abgabensystem der Kreise gestaltet sich bedeutend einfacher als 
das der Gemeinden: Verwaltungsgebühren, Beiträge und Naturaldienste 
fehlen in ihm ganz, und über die Gebühren, welche für die Benutzung von Kreisanstalten 
hier und da erhoben werden, besteben keine positiven Rechtsvorschriften; von indirekten 
Steuern dürfen die Kreise nur eine Hundesteuer im jährlichen Maximalbetrage 
von 5 Mark für den Hund erheben 10, im übrigen sind sie auf die Erhebung direkter 
  
1 Vgl. für diesen Abschnitt besonders Fried- Eine besondere Stellung unter den Kreis- 
richs, Die Kreisabgaben (Berlin 1882), im abgaben nehmen in Hannover die Land- 
Folgenden mit dem Namen des Verfassers straßenbeiträge ein. Diese gebören dort zwar 
citiert. zu den Kreislasten (vgl. oben S. 109, Anm. 4), 
: Friedrichs, S. 9—12; v. Stengel, es finden auf sie aber nur die §§. 17 u. 18 betr. 
Organisation, S. 257 ff.: Bornhack, St. R., die Befreiung von den Kreisabgaben, nicht da- 
II. S. 288. gegen die §§. 10—16 der Kr. O. hann. Anwen- 
2 Vgl. oben S. 366, Anm. 6. dung. Vgl. die Begründung des Entwurfs der 
* Uber die Bestimmungen der kurzlebigen Kr. O. bann. (Drucks. des A. H. 1883/84, Nr. 7, 
Kreis-, Bezirks= und Provinzialordnung von S. 70); O. V. G., XV, S. 19 u. 20; v. Brau- 
  
1850 vgl. oben S. 369. chitsch, Ergzbd. f. Hannover, S. 147, Anm. 
Über die Beratungen der die Kreissteuern 3—5, S. 152, Anm. 11, u. S. 153, Anm. 12. 
betreffenden §§. der Kr. O. vgl. Friedrichs, 5n Art. V, B, 3 u. 4. 
S. 1—8. 9 V9gl. unten S. 413, Anm. 3 u. 5; S. 414. 
* §. 13 dieses Gesetzes. Anm. 1, 51. 7; S. 415, Anm. 6; S. 417, Anm.3 
* Da die Bestimmungen über die Kreisbe: S. 419, Anm. 2; S. 421, Anm. 5: S. 423, 
steuerung in allen Kreisordnungen die näm= Anm. 5; S. 425, Anm. 7; S. 428, Anm. 1. 
lichen sind, und auch die Ziffern der entsprechen- 10 Die Erbebung einer Kreishundesteuer ist 
den §§. (9—19) übereinstimmen, wird im Fol= durch besondere Steuerordnung zu regeln, welche 
genden schlechtweg citiert: Kr. O, S der Genehmigung des Bez. A. und der Zustim-
	        
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