Kreisgemeinden; das geltende Recht. (8. 120.) 413
Steuern beschränkt. Was aber diese direkten Kreissteuern anlangt, so können
dieselben, mit alleiniger Ausnahme der überhaupt eigentümlich geregelten Betriebssteuer,
nur in Form von Zuschlägen zu den staatlich veranlagten Steuern erhoben werden; die
Kreisgemeinden sind also nicht in der Lage, gleich den Einzelgemeinden selbständige Steuern
einzuführen. Eine Durchbrechung des Prinzips, nur Zuschläge zu erheben, muß natürlich
da eintreten, wo keine Veranlagung zur Staatssteuer stattgefunden hat, welche der Kreis-
besteuerung unmittelbar zu Grunde gelegt werden kann. Forensen, juristische Personen
u. s. w. sind daher zunächst nach den für die staatliche Einschätzung geltenden Grundsätzen
vom Kreise selbständig zu fingierten Steuersätzen zu veranlagen, für sich erhebt der Kreis
dann aber wieder Zuschläge von letzteren wie von den wirklichen Staatssteuersätzen.!
III. Das System der Kreisbesteuerung geht aus von dem Prinzipe der individuellen
Steuerpflicht der Kreisangehörigen. Jede dem Kreise durch Wohnsitz, Gewerbetrieb oder
Grundbesitz angehörige Person ist seiner Finanzgewalt unmittelbar unterworfen. Der
Kreis verteilt nicht wie die Provinz das Abgabensoll auf die ihm untergeordneten
Kommunalverbände, die Gemeinden, nach Maßgabe der in ihnen aufkommenden Steuern,
sondern er veranlagt ebenso wie die Einzelgemeinde direkt jeden einzelnen seiner An-
gehörigen. Durchgeführt ist dieses Prinzip der Individualbesteuerung aber nur bezüglich
der Veranlagung selbst, nicht bezüglich der Aufbringung der Kreissteuern. Die
Kreise ziehen nicht von den einzelnen Pflichtigen die bei der Veranlagung auf sie ent-
fallenden Steuerbeträge ein, sondern sie rechnen die nach der von ihnen vorgenommenen
Veranlagung auf die einzelnen Angehörigen der verschiedenen Gemeinden und selbstän-
digen Gutsbezirke entfallenden Steuerbeträge zu Gesammtsummen zusammen und über-
weisen diese im Ganzen den einzelnen Gemeinden und selbständigen Gutsbezirken zur
Unterverteilung, Einziehung und Abführung in einer Summe. .7
IV. Ob überhaupt und in welcher Höhe Kreissteuern aufzubringen sind, darüber
hat allein der Kreistag zu entscheiden. Die Kreissteuern erscheinen nach den Kreis-
ordnungen nicht wie die Gemeindesteuern nach dem Kommunalabgabengesetz als die fub-
sidiärste Finanzquelle, auf die nur dann zurückgegriffen werden dürfte, wenn aus dem
Vermögen oder sonstigen Einnahmen des Kreises die Bedürfnisse nicht bestritten werden
können, der Kreistag kann vielmehr stets, ohne Rücksicht auf das Aufkommen aus ander-
weiten Finanzquellen, die Kreisangehörigen mit Abgaben belasten." Beschränkt ist er
in seinen diesbezüglichen Entschließungen nur insofern, als dieselben zu ihrer Gültigkeit
einer Genehmigung von Aufsichts wegen bedürfen. Diese ist erforderlich für Beschlüsse
des Kreistages, welche anordnen:
1) eine ungleichmäßige Heranziehung der staatlich veranlagten Realsteuern und der
Staatseinkommensteuer zu den Rreisabgaben,
2) eine Mehr= oder Minderbelastung einzelner Kreisteile,
3) eine Belastung der Kreisangehörigen durch Kreisabgaben über 50 Prozent des
Gesamtaufkommens der direkten Staatssteuern,
4) eine neue Belastung der Kreisangehörigen ohne gesetzliche Verpflichtung, insofern
die aufzubringenden Leistungen über die nächsten fünf Jahre hinaus fortdauern sollen,
mung der Minister des Innern u. der Finanzen
bedarf. Die Erhebung einer Hundesteuer seitens
des Kreises berührt nicht das Recht der in dem
Kreise belegenen Gemeinde, auch ihrerseits die
Hunde zu besteuern. K. A. G., §. 93 in der
Fassung der Novelle.
1 Kr. O., §. 15. Näheres unten S. 424.
2 O. V. G., I, S. 29.
6 Dieselben Grundsätze gelten in Hohen-
zollern: Es „wird das Abgaben-Soll für die
einzelnen Gemeinden und abgesonderten Ge-
markungen, Hofgüter und Fabrikorte im ganzen
berechnet und denselben zur Unterverteilung auf
die einzelnen Steuerpflichtigen nach demselben
Maßstabe (nämlich dem vom Amtsausschuß
angewandten) zur Einziehung sowie zur Ab-
führung im ganzen an die Amtskasse über-
wiesen“. A. u. L. O. hohenz., §. 8.
4 Kr. O., §. 9; Kr. O. ö., §. 116, Z. 3, und
die entsprechenden 3§. der übrigen Kr. Ordugn.
Niemand könnte deshalb seine Heranziehung zu
den Kreisabgaben anfechten, weil er glaubt, der
Kreistag mache von seinem Besteuerungsrechte
einen unangemessenen Gebrauch, indem er die
Kreisangehörigen mit bohen Abgaben belaste,
Einnahmen aus dem Vermögen aber zu Ka-
pital schlage. Wohl aber kann ein solcher Fall
zur Beschwerde bei der Aufsichtsbebörde geeignet
sein. O. V. G., III. S. 46; Friedrichs,
S. 12.
5 Dieselben Grundsätze gelten für Hohen-
zollern. A. u. L. O. hohenz., §. 6.