Kreisgemeinden; das geltende Recht. (F§. 122.) 419
Personalsteuern steht aber die Möglichkeit einer stärkeren Heranziehung desselben zu den
Realsteuern des Kreises gegenüber, er kann nämlich mit der Grund= und Gebäudesteuer
zunächst mit demselben Prozentsatze wie alle übrigen Kreisabgabenpflichtigen und außer-
dem noch um die Hälfte desjenigen Prozentsatzes stärker herangezogen werden, mit
welchem die Einkommensteuer herangezogen wird. 5
II. Die Vorschriften über die Befreiung von den Kreisabgaben sind in den 8S§. 17
und 18 der Kreisordnungen enthalten.3 An ihnen ist durch das neue Kommunal=
abgabengesetz nichts geändert worden. Zwar beabsichtigte man bei Beratung dieses Ge-
setzes allseitig, die Kreisabgabenpflicht in Ubereinstimmung zu bringen mit der Gemeinde-
abgabenpflicht, besonders sollten alle nach §§. 24 und 28 des Kommunalabgabengesetzes
der Gemeindegrund= und Gemeindegewerbesteuer unterliegenden und demnach gemäß §. 4
des Gesetzes wegen Aufhebung direkter Staatssteuern zu veranlagenden Grundstücke
und Betriebe auch zu den Kreisabgaben herangezogen werden — allein das Gesetz selbst
bringt dies in keiner Weise zum Ausdruck, und daher kann eine Veränderung, beson-
ders eine Erweiterung der Kreisabgabenpflicht, infolge der Neuregelung der Gemeinde-
abgabenpflicht auch nicht angenommen werden.
Die Kreisordnung kennt zwei Arten von Befreiungen, dingliche und persönliche. Von
jenen handelt §. 17 und der erste Satz des §. 18, welche gewisse Grundstücke und Ge-
bäude von den sie treffenden Kreislasten befreien, von diesen der weitere Teil des S. 18.
Demnach sind dinglich befreit:
Gewerbebetrieb nicht kreisabgabenpflichtig ist,
können auch die Staatsbahnen als solche nicht
besteuert werden, und die Kreise müssen prin-
cipiell ibr Besteuerungsrecht gegenüber einer
Eisenbahn verlieren, wenn dieselbe aus den
Händen Privater an den Staat übergeht. Um
die Kreise und ebenso die anderen Kommunal-=
verbände gegen diese Auefälle im Steuerauf-
kommen zu schützen, trafen die den Erwerb
bezw. die Verstaatlichung verschiedener Eisen-
bahnunternehmungen betreffenden Gesetze der
siebziger und achtziger Jahre, welche in §. 14,
Abs. 2 des Kommunalsteuernotgesetzes v. 27. Juli
1885 aufgezählt sind, die Bestimmung, daß der
Fiskus wegen des aus dem Betriebde der be-
zeichneten verstaatlichten Eisenbahnen fließenden
Einkommens zu den Gemeinde-, Kreis= und
Provinzialabgaben in derselben Weise heran-
gezogen werden könnte, wie vor der Verstaat-
lichung die Privateisenbahngesellschaft. Bezüg-
lich der Gemeindeabgaben sind die Vor-
schriften dieser Gesetze beseitigt durch §. 14,
Abs. 2 cit., und die Besteuerung des aus dem
Privat= wie Staatseisenbahnbetrieb gewonnenen
Einkommens durch die Gemeinden ist im Kom-
munalsteuernotgesetz und jetzt im Kommunal-=
abgabengesetz neu geregelt. Bezüglich der Kreis=
und Provinzialabgaben dagegen sind die
Vorschriften jener Gesetze noch insoweit in Kraft,
als sie die Heranziehung des Fiskus zu
einer Kreiseinkommensteuer gestatten, aber auch
hier sind sie — und zwar durch §. 13 des Ges.
v. 27. Juli 1885 bezw. §. 91, Z. 4 des
K. A. G. — beseitigt, soweit sie die Veran-
lagung zu dieser Steuer regeln. Praktische
Bedeutung haben die in Rede stehenden Vor-
schriften übrigens nur im Gebiete der Kr. O.
von 1872; nur hier waren die Kreise eben
durch diese Kr. O. bereits vor dem Erlasse der
Verstaatlichungsgesetze zur Heranziehung der
Privateisenbahnunternehmungen mit ihrem Ein-
kommen ermächtigt, nur bier dürfen sie daher
den Fiskus auch ferner zu dieser Einkommen-
steuer heranziehen; in den übrigen Teilen der
Monarchie ist den Kreisen und Provinzen erst
später durch die verschiedenen Kr. Ordugn. und
Prov. Ordugn. eine gleiche Ermächtigung zur
Besteuerung erteilt worden. Friedrichs, S. 94,
Z. 6.
1 Werden z. B. 50 Prozent Grund= und Ge-
bäudesteuer und 50 Prozent Einkommensteuer er-
boben, so hat der Fiskus 50 Prozent + o Prozent
— 75 Prozent Grund= und Gebäudesteuer zu
entrichten. M. Erl. v. 10. Juni 1874 (V. M. Bl.,
S. 155) u. v. 25. Febr. 1875 (V. M. Bl., S.
100); O. V. G., IV, S. 74.
: In Hohenzollern sind beitragspflichtig
zu den Amtsabgaben: a) Die Amtsangehörigen
im gewöhnlichen Sinne des Wortes, das sind
alle im Amtsbezirk wohnenden Personen ohne
Rücksicht auf ihre Veranlagung zur Staats-
steuer; b) die Forensen — darunter sind hier
mangels abweichender Begriffsbestimmung nur
solche physische Personen zu verstehen, welche
ohne im Oberamtsbezirk zu wohnen, daselbst
Grundbesitz haben oder stehende Gewerbe be-
treiben —, die juristischen Personen, Aktien-
gesellschaften und Kommanditgesellschaften auf
Aktien, welche im Amtsbezirk zu den
direkten Staatssteuern veranlagt sind;
ihre Steuerpflicht ist also beschränkter als nach
den Kr. Ordngn. Die Berggewerkschaften sind
überhaupt nicht genannt und daher steuerfrei.
Dasselbe gilt vom Fiskus. A. u. L. O. hohenz., S. 7.
* Die 8§. 17 u. 18 sind auch für die Ver-
anlagung der hannöverschen Landstraßenumlagen
maßgebend. v. Brauchitsch, Ergzbd. f. Hann.,
S. 153, Anm. 12.
4 Stenogr. Ber. des A. H. 1892/93, S. 2184,
2188—90; Adickes, S. 389, Anm. 3.
* And. Ans. v. Brauchitsch, II, S. 63, Anm.
a und Ausf. Anw. zum K. A. G., Art. 59,
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