Kreisgemeinden; das geltende Recht. (8. 123.) 421
Vorschriften über die Befreiung von der Gewerbesteuer enthalten die Kreisord-
nungen nicht. Es sind daher zur Kreisgewerbesteuer alle diejenigen Betriebe heranzu-
ziehen, von welchen früher die Staatsgewerbesteuer zu entrichten war. Aber auch nur
diese; daraus, daß an Stelle der „zu entrichtenden direkten Staatssteuern“, welche
nach 8. 10 der Kreisordnungen die Grundlage der ganzen Kreisbesteuerung bilden, bei
der Gewerbesteuer die vom Staate veranlagten Beträge getreten sind und der Staat
seine Veranlagung auch auf diejenigen Gewerbebetriebe auszudehnen hat, welche von
der Staatsgewerbesteuer freiblieben, aber gemäß den Bestimmungen des Kommunal—
abgabengesetzes der Kommunalsteuerpflicht unterworfen sind! — folgt nicht, daß diese
auf Grund des 8. 28 des Kommunalabgabengesetzes neu vom Staate zu veranlagenden
Betriebe auch kreissteuerpflichtig geworden sind.? Solange dies nicht gesetzlich aus-
gesprochen wird, sind lediglich diejenigen Betriebe kreissteuerpflichtig, welche nach dem
Gewerbesteuergesetz v. 24. Juni 1891 ehemals staatssteuerpflichtig waren; dazu treten
nach der Vorschrift der Kreisordnungen nur noch die Bergwerksbetriebe, welche ihrem
Umfange nach anderen, der I. oder II. Steuerklasse zugehörigen Betrieben gleichstehen.
Die Besitzer solcher Bergwerke waren nach den Kreisordnungen von dem Kreisausschuß
zu den Steuersätzen der Klasse Al fingiert einzuschätzen und nach Maßgabe dieser
Einschätzung zu den Kreisabgaben heranzuziehen, jetzt wird der Bergbau allgemein für
die Gemeindebesteuerung gemäß §. 28, Z. 2 des Kommunalabgabengesetzes vom Staate
veranlagt, und der Kreisausschuß wird nunmehr diese Veranlagung seiner Besteuerung
zu Grunde zu legen haben.
§. 123.
4) Die Doppelbesteuerung und ihre Vermeidung.“
Trotz der dem §. 16 der Kreisordnung gegebenen Überschrift „Unzulässigkeit einer
Doppelbesteuerung desselben Einkommens“““ ist der Grundsatz, daß eine Doppelbesteuerung
1 Ges. w. Aufheb. dir. Staatsst., §. 4.
: Im A. H. nahm man dies bei Beratung
des K. A. G. an. Der Abgeordnete v. Zedlitz
und Neukirch führte unter Zustimmung des
Hauses und der Regierung aus, „daß die Be-
stimmung des §. 75, Abs. 2 (jetzt §. 91, Z. 2),
dahin zu versteben ist, daß kreissteuerpflichtig
sind alle der Kommnnaslsteuerpflicht unterliegen-
den Gewerbebetriebe, welche zu den Klassen I
u. II der Staatsgewerbesteuer eingeschätzt sind,
also nicht bloß wie früher der Staatsgewerbe-
steuerpflicht unterliegende Betriebe, sondern auch
die landwirtschaftlichen Brennereien, die Berg-
werke, die Gräbereien u. s. w., welche auf Grund
der gegenwärtigen Vorlage kommunalsteuer-
pflichtig geworden sind. Es giebt für die Folge
keine andere als eine einheitliche Gewerbesteuer,
welche umfaßt die früher staatssteuerpflichtig ge-
wesenen und jetzt kommunalsteuerpflichtigen Be-
triebe“. Stenogr. Ber. des A. H. 1892/93,
S. 2188, Sp. 2. Der Regierungskommissar
behauptete sogar, daß diese Ansicht sich unmittel-
bar aus den Gesetzen, nämlich aus §. 5 des Ges.
w. Aufheb. dir. Staatsst.:
„Die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen,
welche von der Veranlagung der im S§. 1,
Nr. 1 und 2 bezeichneten Steuern oder von
einzelnen derselben anderweitige Rechtsfolgen,
insbesondere die Begründung von Rechten
oder Pflichten abhängig machen, bleiben auf-
recht erhalten; soweit hierbei die Entrichtung
solcher Steuern vorausgesetzt wird, treten an
die Stelle der zu entrichtenden die veranlagten
Beträge“,
begründen lasse, indem er annahm, „daß unter
diesen averanlagten Beträgen? eben die sämt-
lichen veranlagten Beträge zu verstehen sind“.
Stenogr. Ber. des A. H., a. a. O., S. 2190.
Dieser Auslegung steht jedoch der Anfang des §.
entgegen. Derselbe spricht ausdrücklich nur von
den im §. 1, Nr. 1 u. 2 bezeichneten, d. h. von
den nach den Gesetzen vom 21. Mai 1861
und nach dem Ges. v. 24. Juni 1891 veran-
lagten Grund--, Gebäude= und Gewerbe-
steuern, erwähnt dagegen nicht die in F. 4 des
Ges. w. Aufheb. dir. Staatsst. bezeichneten Steuern,
auf die es hier gerade ankommt. Daraus folgt,
daß der ganze §. 5 sich nicht auf die erst auf
Grund des K. A. G. zu veranlagenden Ge-
werbesteuern bezieht. Vgl. jedoch auch v. Brau-
chitsch, II, S. 63. Anm. 106.
2 Kr. O., §. 14, Abs. 4. And. Ans. v. Brau-
chitsch, II. S. 49, Anm. 92, welcher die Be-
stimmung des §. 14, Abs. 4 der Kr. O. für
gegenstandslos geworden und die Beschränkung
der Verpflichtung, zur Kreissteuer beizutragen,
auf die Klasse à 1 (letzt 1 u. II) für fortgefallen
hält.
Friedrichs, S. 37, 43—54; v. Stengel,
Organisation, S. 266, 267; Bornhack, St. R.,
II, S. 289; Grotefend, I, S. 693 ff., §. 281.
* In der A. u. L. O. hohenz. findet sich keine
ähnliche Vorschrift. In Hannover finden die
Borschriften über die Doppelbesteuerung nicht