Kreisgemeinden; das geltende Recht. (8. 123.) 423
ersten Satze dieses 8. aufgestellte allgemeine Prinzip: „Niemand darf von demselben
Einkommen in verschiedenen Kreisen zu den Kreisabgaben herangezogen werden“,
wird durch die beiden folgenden Sätze, die auf die forensische Besteuerung keine Anwen-
dung zulassen, beschränkt und in dieser Beschränkung ausgeführt. „Es muß daher“ —
so heißt es hier — „dasjenige Einkommen, welches einem Abgabenpflichtigen aus seinem
außerhalb des Kreises belegenen Grundeigentume, oder aus seinem außerhalb des
Kreises stattfindenden Gewerbe und Bergbaubetriebe zufließt“ — also das Forensalein-
kommen! —, „tbei Feststellung des im Kreise zu veranlagenden Einkommens desselben
außer Berechnung gelassen werden. Dies geschieht durch Absetzung der bezüglichen
Einkommensteuerquote von dem zur Staatssteuer veranlagten Gesamteinkommen und durch
verhältnismäßige Herabsetzung des festgestellten Steuersatzes.“ 1
über die Vermeidung der Doppelbesteuerung des Einkommens der nicht zu den
persönlichen Staatssteuern veranlagten Pflichtigen und der Forensen enthielt die Kreis-
ordnung keine Vorschriften. Jeder steuerberechtigte Kreis hatte nach ihr gegenüber diesen
Pflichtigen ein selbständiges Veranlagungsrecht, insbesondere brauchte der Forensalkreis
nicht auf die Staatssteuer Rücksicht zu nehmen, zu welcher der Pflichtige außerhalb des
Kreises, wenngleich für ein innerhalb desselben befindliches Objekt, veranlagt war, und
ebenso wenig war er an die Berechnungen des Domizilkreises, von welchen dieser bei Hand-
habung des §. 16 ausgegangen war, gebunden; daraus ergab sich, daß die in verschiedenen
Kreisen nach Teilen des Gesamteinkommens fingiert veranlagten Einkommensteuerbeträge
zusammen leicht einen höheren Betrag erreichen konnten, als die nach dem Gesamt-
einkommen bemessene Staatssteuer."“ Erst das Kommunalsteuernotgesetz von 1885 und
dann das Kommunalabgabengesetz“ haben diese Lücken ausgefüllt. Nach ihnen finden
hinsichtlich der Vermeidung der Doppelbesteuerung der kreisabgabenpflichtigen juristischen.
Personen, Gesellschaften u. s. w. und der Forensen die in dieser Beziehung für die Ge-
meindeeinkommenbesteuerung geltenden Grundsätze sinnentsprechende Anwendung.? Es
kann daher im allgemeinen auf die obigen Ausführungen S. 305 ff. verwiesen werden,
jedoch ist gleichzeitig zu bemerken, daß diese keineswegs durchweg auf die Kreis-
besteuerung übertragen werden können.“é Keine analoge Anwendung können besonders
finden: die Vorschriften über die Verteilung des steuerpflichtigen Einkommens unter mehrere
kreise") deutlich zum Ausdruck, daß es bei An-
wendung der Vorschriften über die Vermeidung
der Doppelbesteuerung, die Stadt= den Land-
kreisen gleichgestellt wissen will. Vgl. auch
Friedrichs, S. 45 ff., Z. 3.
1 Es ist also das zur Staatssteuer veranlagte
Gesamteinkommen, d. h. dem klaren Wortlaute
nach diejenige ziffermäßig festgestellte Summe
zu ermitteln, welche die Einreizung des Pflich-
tigen in eine bestimmte Staatssteuerstufe zur
Folge gehabt hat. Alsdann ist die bezügliche
Einkommensquote festzustellen, d. h. derjenige
Bruchteil des Gesamteinkommens, welchen die
außerhalb des Domizilkreises belegenen Ein-
kommensquellen liefern. Endlich ist der vom
Gesamteinkommen zu entrichtende Steuersatz
verhältnismäßig, d. h. im Verhältnis dieses
Bruchteiles zum ganzen Einkommen herabzu-
setzen. Beträgt z. B. das zur Staatseinkommen-
euer im Domizilkreise A veranlagte Einkommen
jemandes 5400 Mark, der Staatssteuersatz also
132 Mark, und fließen ihm hiervon aus dem
Forensaltraie B 4500 Mark, also fünf Sechstel
eines Einkommens zu, so ist der der Kreisbe-
steuerung in A zu Grunde zu legende Prin-
zipalsatz (1) dadurch zu ermitteln, daß von
132 Mark /8= 110 Mark abgesetzt werden, und
es bleiben dann für ihn 22 Mark. Ebenso er-
giebt er sich aus der Gleichung 5400:5400 — 400
= 132:x. Diese Art der Ermittelung des
Prinzipalsteuersatzes im Domizilkreise wendet
das O. V. G., VI, S. 5 an; sie entspricht auch
den Grundsätzen, welche für die Veranlagung
zu den Gemeindeabgaben in der Wohnsitz-
gemeinde gelten. Ges. v. 27. Juli 1885, S. 10;
K. A. G., §. 49, Abs. 1, Satz 2. Einen anderen
Weg will Friedrichs, S. 49 ff., besonders
deshalb einschlagen, weil man bei dem eben
bezeichneten meistens zu Steuersätzen gelangt,
die mit den für die Staatssteuern im Eink. St. G.
angegebenen nicht übereinstimmen. Nach ihm
bedeutet Einkommens quote nichts anderes als
Einkommensteil und verhältnismäßige
Herabsetzung ebensoviel wie entsprechende,
und es soll dann einfach der Einkommensteil
vom Gesamteinkommen abgezogen und im
Steuergesetz nachgesehen werden, welcher Satz
dem Rest entspricht. Diese Berechnungsart, bei
welcher eine „Herabsetzung des festgestellten
Steuersatzes“ überhaupt nicht stattfindet, son-
dern ein ganz neuer Steuersatz ermittelt wird,
entspricht jedoch in keiner Beziehung dem Wort-
laute des Gesetzes. Darüber, daß beide Berech-
nungsarten unter Umständen zu annähernd
demselben Resultat führen können, vgl. die cit.
Entsch. des O. V. G.
* Friedrichs, S. 52 u. 60.
3 F. 13.
* §. 91, Z. 4.
* In Hohenzollern ist keines dieser beiden
Gesetze eingeführt worden.
* Vgl. Ausf. Anw. z. K. A. G., Art. 59, I, 3.