Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

424 Dritter Abschnitt. (§. 124.) 
Wohnsitzgemeinden 1!, weil es für die Kreisbesteuerung nur einen Domizilkreis giebt, 
nämlich denjenigen, in welchem die Veranlagung zur Staatseinkommensteuer stattgefunden 
hat 2, ferner die Vorschriften über die Konkurrenz der Aufenthaltsgemeinden 3, weil der 
bloße Aufenthalt in einem Kreise ein Besteuerungsrecht desselben überhaupt nicht begründet 
und die Vorschriften über die Verteilung des Einkommens zwischen Gemeinden und 
Gutsbezirken", weil es keine kommunalen Gebilde giebt, welche den Rreisen ebenso wie 
die Gutsbezirke den Gemeinden gegenüber stehen. Besonders ist hervorzuheben, daß nach 
dem Kommunalabgabengesetz die Veranlagung zur Staatssteuer für die Kreisbesteuerung 
ebenso von maßgebender Bedeutung ist wie für die Gemeindebesteuerung. Nicht nur der 
Domizilkreis, sondern auch die Forensalkreise müssen hinfort bei ihrer Veranlagung auf 
jene Rücksicht nehmen, denn in jedem Falle, in welchem das in einer Mehrzahl preußi- 
scher Kreise der Kreisbesteuerung unterworfene Einkommen eines Steuerpflichtigen sich 
mit dem zur Staatseinkommensteuer veranlagten Einkommen desselben deckt, bildet der 
Höchstbetrag derjenigen Steuerstufe, zu welcher der Betreffende für die Staatssteuer ver- 
anlagt ist, die Maximalgrenze für das in allen steuerberechtigten Kreisen zusammen zur 
Kreisbesteuerung gelangende Einkommen. Ergiebt sich aber, daß bei einer Veranlagung 
in mehreren Kreisen die dieser zu Grunde gelegten Teile des Einkommens im ganzen 
den Höchstbetrag jener Steuerstufe überschreiten, so sind dieselben, nachdem sie zuvor im 
Rechtsmittelverfahren fest= oder richtiggestellt sind, verhältnismäßig herabzusetzen. 
8. 124. 
5) Die Veranlagung und Erhebung der Steuern.“ 
I. Die Veranlagung zu den Kreisabgaben erfolgt durch den Kreisausschuß. Sie 
erfordert eine wesentlich verschiedene Thätigkeit, je nachdem es sich um die Heranziehung 
solcher Pflichtigen handelt, die zur Staatssteuer in der Weise veranlagt sind, daß der 
für sie festgestellte Staatssteuersatz ihrer Kreisbesteuerung ohne weiteres zu Grunde zu 
legen ist — oder um andere Abgabenpflichtige, die überhaupt nicht zur Staatssteuer 
veraulagt sind, oder deren Veraulagung doch in Rücksicht auf die Vorschriften über die 
Vermeidung der Doppelbesteuerung und über die Befreiung von Kreisabgaben nicht zur 
unmittelbaren Grundlage der Kreisbesteuerung gemacht werden kann. Bei den Abgaben- 
pflichtigen der ersten Kategorie hat der Kreisausschuß einfach die zur Hebung gelangen- 
den Zuschläge zu den aus den Staatssteuerrollen zu entnehmenden Steuersätzen festzu- 
stellen, bei den Abgabenpflichtigen der zweiten Kategorie dagegen hat er zunächst die 
Prinzipalsätze, von welchen sodann die Zuschläge zu berechnen sind, durch eigene fingierte 
Einschätzung festzustellen. Soweit der Kreisausschuß hiernach selbst einzuschätzen hat, 
tritt er an die Stelle der staatlichen Veranlagungsorgane und kann selbständig Ermitte- 
lungen anstellen.? Formelle Vorschriften bestehen für das Veranlagungsverfahren des 
Kreisausschusses nicht, materiell hat er jeroch nach den für die Veranlagung der Staats- 
steuern bestehenden gesetzlichen Vorschriften zu verfahren und bei der Veranlagung der 
juristischen Personen, Gesellschaften und Forensen auch die für die Gemeindeeinkommen- 
steuer geltenden Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes sinnentsprechend zur Anwen- 
dung zu bringen.“ 
  
1 K. A. G., §. 50. Abs. 1 u. 3, §. 49, Abs. 2 
letzter Satz; oben S. 306 u. 310 ff. unter III. 
: Vgl. den Text S. 422. 
K. A. G., §. 50. Abs. 2; oben S. 311. 
* K. A. G., §. 52; oben S. 305. 
* K. A. G., §. 92; oben S. 305 ff. 
Friedrichs, S. 37, 38, Z. 1, u. S. 59— 
62, 115 —133; v. Stengel, Organisation, 
S. 269—271; Bornhack, St. R., II, S. 289. 
7 O. V. G., IV, S. 41. 
* Kr. O., §. 15; dazu O. V. G., VI, S. 3; 
K. A. G., §. 91, Z. 4. Die materiellen für die 
Veranlagung zur Staatssteuer geltenden Vor- 
  
schriften können hier nicht zur Darstellung ge- 
bracht werden, sie gehören ins Staatssteuerrecht. 
Die wichtigsten diesbezüglichen Entscheidungen 
des O. V. G. sind mitgeteilt und vesprochen bei 
Friedrichs, S. 62—96, und v. Brauchitsch, 
II, S. 52 ff., Anm. 98. Betreffs der bei der 
Veranlagung der jur. Personen u. s. w. anzu- 
wendenden Vorschriften des K. A. G. vgl. oben 
S. 294 ff. Besonders ist noch darauf binzu- 
weisen, daß auch für die Kreisbesteuerung F. 51, 
Abs. 2 des K. A. G. zur Anwendung zu kom- 
men hat; über diesen siehe oben S. 303, Anm. 4.
	        
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