Kreisgemeinden; das geltende Recht. (8. 124.) 425
II. An die Veranlagung schließt sich die Ausschreibung und Erhebung der Kreis-
abgaben; diese erfolgt nicht direkt durch die Organe des Kreises, sondern durch Ver-
mittelung der Gemeinden und Gutsvorsteher.! Der Kreisausschuß berechnet, wie bereits
erwähnt, nach Feststellung des auf das einzelne Individuum entfallenden Steuerbetrages
das Kreisabgabensoll für die einzelnen Gemeinden und Gutsbezirke im Ganzen und über-
weist es ihnen zur Einziehung und Abführung im Ganzen an die Kreiskommunalkasse.!
In das Abgabensoll der einzelnen Gemeinde (des Gutsbezirks) gehören zunächst die
für ihre Einwohner berechneten Steuerbeträge, und zwar auch diejenigen, welche auf
in anderen Gemeinden des Kreises belegenes Grundeigentum derselben entfallen 3, dann
aber auch die Steuerbeträge der Kreisforensen, juristischen Personen und Gesellschaften,
soweit diese auf den in der betreffenden Gemeinde belegenen Grundbesitz oder stattfinden-
den Gewerbebetrieb entfallen.“ Für die Aufbringung und Einziehung des überwiesenen
Solls hat die Gemeinde (der Gutsbezirk) zu sorgen; daraus folgt, daß gegen das Soll
entstehende Zugänge ihr zu gute kommen, Abgänge und Ausfälle dagegen von ihr zu
decken sind. Voraussetzung für diese Stellung der Gemeinde (des Gutsbezirks) gegenüber
dem Kreise ist, daß das ihr überwiesene Soll zur Zeit der Ausschreibung richtig
festgestellt ist; ergiebt sich hinterher im Rechtsmittelverfahren, daß eine Veranlagung
von vornherein falsch war, daß einer Gemeinde (einem Gutsbezirk) Steuerpflichtige
zu Unrecht oder mit einem zu hohen Betrage in Rechnung gestellt sind, so muß sich
demgemäß auch das Soll der Gemeinde (des Gutsbezirks) mindern und der Ausfall
nicht sie, sondern die Kreiskorporation treffen S3; den Gemeinden werden hiernach nur
solche Zugänge zu gute kommen und nur solche Abgänge zur Last fallen, welche nach
der Veranlagung durch Veränderungen in den steuerpflichtigen Personen und Objekten
(Wegzug, Anzug, Eintritt der Steuerfreiheit) verursacht sind.
Was die Unterverteilung des Solls auf die einzelnen Pflichtigen anlangt, so hat
diese in den Gutsbezirken“ stets nach dem vom Kreisausschusse selbst angewandten Ver-
teilungsmaßstabe zu erfolgen. Den Stadt= und Landgemeinden ist es dagegen überlassen,
selbst darüber zu bestimmen, wie sie ihre Anteile an den Kreisabgaben aufbringen wollen?!,
sie können ihr Soll also entweder ebenfalls nach dem Kreisabgabenverteilungsmaßstabe
unterverteilen oder es auf ihren Haushaltsetat übernehmen, sodaß es aus der Gemeinde-
kasse bestritten und ebenso wie die sonstigen Gemeindebedürfnisse aufgebracht wird. Wählt
die Gemeinde letzteren Modus, so übernimmt sie damit dem Kreise gegenüber unmittelbar
die Abgabenpflichts, und die in ihr steuernden Kreisabgabenpflichtigen entrichten überhaupt
keine äußerlich erkennbaren Kreisabgaben mehr, sondern nur Gemeindesteuern, die aller-
dings teilweise gerade behufs Deckung des Kreisabgabensolls zur Hebung gelangen;
—yx
z. K. A. G., Art. 59, I, 1. In Hohenzollern
1 Über oft ungesetzliches Verfahren in der
; ist das Recht der Gemeinden, ihre Anteile an den
Praxis vgl. Friedrichs, S. 123, Z. 6.
2 Kr. O., S. 11, Abs. 1, oben S. 413 unter III.
: Die auf dieses Grundeigentum entfallende
Steuer kann nicht besonders veranlagt und dem
Soll der Belegenheitsgemeinde zugerechnet wer-
den, weil die Kr. O. keine Gemeindeforensen,
sondern nur Kreisforensen kennt. Vgl. oben
S. 422, Anm. 2; Friedrichs, S. 117, Z. 2.
* O. V. G., I, S. 27 ff., S. 67; V, S. 52;
XXV, S. 76; Friedrichs, a. a. O. u. S. 123,
* O. V. G., V, S. 54 u. S. 129; X, S
I. S. 1; Friedrichs, S. 119, Z. 3, u
31, Z. 9.
* Zur Unterverteilung ist in Gutsbezirken,
in welchen der Gutsbesitzer nicht zugleich Guts-
vorsteher ist, der Gutsvorsteher als die mit der
Ausübung der Hoheitsrechte betraute Persönlichkeit
berufen. Vgl. dagegen unten S. 427, Anm. 5.
7 Kr. O., §. 11, Abs. 2; jetzt ergänzt und
abgeändert durch K. A. G., §. 91, Z. 1. Vgl.
dazu Friedrichs, S. 119 ff., Z. 4; O. V. G.,
I. S. 28, 64, 70, 77; IV, S. 59; Ausf. Anw.
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. 4;
S.
—
Kreisabgaben in anderer Weise als nach dem
Amtsabgabenverteilungsmaßstabe aufzubringen,
nicht anerkannt. #„
* Über weitere aus der UÜbernahme des Kreis-
abgabensolls auf den Gemeindehaushaltsetat sich
ergebende Folgen vgl. Friedrichs, S. 123;
O. V. G., I, S. 67; 1V, S. 52; V. S. 5
und besonders betreffs der Beamtenbesteuerun
VIII, S. 34. Der Aufbringungsmodus *
schon wegen der Gleichmäßigkeit der Belastung
mit Kreisabgaben durchweg derselbe sein. Wird
das Soll auf den Haushaltsetat der Gemeinde
übernommen, so muß es im Ganzen über-
nommen werden, es ist nicht zulässig, einzelne
Bestandteile desselben wie die Beiträge der
orensen, juristischen Personen u. s. w. von der
bernahme auszuscheiden und unterzuverteilen.
Auch müssen etwaige vom Kreise geltend gemachte
Nachforderungen stets in derselben Weise gedeckt
werden wie der ursprünglich ausgeschriebene
Betrag. O. V. G., IV, S. 55; Friedrichs,
S. 122, Z. 5.