30 Zweiter Abschuitt. (§. 7.)
Ihre Wahl kann nicht nur nach Bezirken, sondern auch nach Klassen erfolgen. Die
Anforderungen für die Wählbarkeit sind dagegen erhöht, indem nicht mehr alle stimm-
fähigen Bürger, sondern nur diejenigen von ihnen wählbar sind, welche je nach der
Größe der Stadt ein Grundeigentum von wenigstens 1000—12,000 Thlrn. Wert oder
ein jährliches Minimaleinkommen von 200—1200 Thlrn. haben. Andererseits ist aber
der Kreis der wählbaren Personen auch erweitert, indem die Wählbarkeit nicht mehr
auf den einzelnen Bezirk oder die Klasse beschränkt ist und nur die Hälfte der Stadt-
verordneten mit Grundstücken (früher zwei Drittel mit Häusern) angesessen sein muß.
III. Die Zusammensetzung des Magistrats ist vereinfacht. Die Städteordnung
schreibt nur allgemein vor, er soll aus einem Bürgermeister — in vom König bestimmten
Städten einem Oberbürgermeister und einem Bürgermeister —, welcher Christ sein muß,
und drei oder mehr teils besoldeten, teils unbesoldeten Mitgliedern bestehen. Der Ober-
bürgermeister wird wie früher vom Könige ernannt, die übrigen von den Stadtverordneten
gewählt, und zwar alle unbesoldeten auf sechs, alle besoldeten auf zwölf Jahre, letztere
ausnahmsweise mit Genehmigung der Regierung auf Lebenszeit. — Bei Besetzung der
Unterbeamtenstellen sind nach den bereits durch Deklaration v. 20. Mai 1820 (Zusatz
v. 4./14. Juli 1832) für das Gebiet der Städteordnung von 1808 aufgestellten Grund-
sätzen die Militärinvaliden zu berücksichtigen.
IV. Die neue Städteordnung hat Unklarheiten in den Kompetenzgrenzen zwi-
schen den Stadtverordneten und dem Magzistrat beseitigt, die Rechte der ersteren
eingeschränkt, sodaß sie nicht mehr allein zu bestimmen haben, die Rechte des letzteren
dagegen angemessen erweitert, sodaß auch er in vielen Fällen eine materielle Mitwirkung
hat; sie hat es unterlassen, in eingehender Kasuistik, welche bei der unendlichen Mannig-
faltigkeit der Verwaltungsgeschäfte stets unvollkommen bleiben muß, die den einzelnen
Organen zustehenden Geschäfte aufzuzählen, sondern faßt diese unter bestimmte Gesichts-
punkte zusammen und unterscheidet drei Klassen, je nachdem die Entscheidung entweder
vom Magistrat allein, oder von den Stadtverordneten allein, oder von einem über-
einstimmenden Beschlusse beider abhängt; sie hat endlich angegeben, wie in den letzten
Fällen bei Meinungsverschiedenheiten zu verfahren ist.3
Der Magistrat hat die selbständige Entscheidung in allen Angelegenheiten, in welchen
es auf Erfüllung von Pflichten gegen den Staat, gegen Institute und gegen Privat--
personen ankommt, wobei örtliche Verhältnisse Einfluß haben, wie bei der Anlage und
Unterhaltung von Polizeianstalten oder Armeninstituten, bei ökonomischen Angelegen-
heiten der Kirchen, Schulen und frommen Stiftungen.
Dagegen ist den Gemeinden eine völlige freie Bewegung bei allen Einrichtungen
ihres inneren Haushaltes gestattet. Die Stadtverordneten entscheiden daher, sofern ihre
Beschlüsse nicht gesetzwidrig sind, mit bindender Autorität für den Magistrat über die
Festsetzungen und außerordentlichen Überschreitungen des Haushaltsetats, über Verpach-
tung, Verwaltung, Verpfändung oder Meliorationen von Grundstücken, über Anstellung
von Prozessen, Abschließen von Vergleichen betreffend Gerechtsame der Stadt oder die
Substanz des Gemeindevermögens, über alle Verträge außerhalb der Grenzen des Haus-
haltes u. s. w. Jedoch auch gegen diese Beschlüsse steht dem Magistrat ein Wider-
spruchsrecht zu, wenn er der Ansicht ist, daß die Stadtverordneten etwas verlangen,
was dem Gemeinwohl schädlich, oder etwas verweigern, was für dieses unerläßlich
notwendig sei. Er hat dann die Bestätigung des Beschlusses zu verweigern und, falls
er sich mit den Stadtverordneten nicht einigen kann, an die Regierung zu berichten.
Diese soll vor ihrer Entscheidung abermals eine Vereinigung zwischen beiden Organen
versuchen, indem sie einen Kommissar bestellt, welcher Magistrat und Stadtverordnete
unter Zuziehunng einer Anzahl von ihm besonders berufener achtbarer Einwohner ver-
sammelt. Ist auch dann keine Einigung zu erzielen, so hat der Kommissar von der
Majorität und Minorität der zusammengesetzten Versammlung ein Gutachten zu erfordern
und dieses nebst einem Berichte der Regierung vorzulegen, welche definitiv entscheidet.
Ein übereinstimmender Beschluß beider Organe ist notwendig bei Einführung neuer,
., 88. 46—82. 2 St. O., 88. 110 ff.